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FU baut psychologische Beratung aus: Wenn das Studium belastet

„Wir wollen ein niedrigschwelliges Angebot schaffen und damit direkt auf die Studierenden zugehen", erklärt Stefan Petri, Leiter der Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung an der Freien Universität Berlin (FU).

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Mit Kolleg:innen hat er sogenannte Support Points, also Unterstützungsorte, an den Fachbereichen eingerichtet: als Anlaufstellen, bei denen Studierende mit Psycholog:innen sprechen können. Betrieben wird das Projekt unter dem Titel „Mental Wellbeing": psychisches Wohlbefinden.

Dass hier nachgerüstet wurde, ist vor allem aber einer Umfrage zu verdanken, die Studierende während der Semester der Corona-Pandemie anstießen. Mit Unterstützung der Uni führten erhoben sie, wie es ihren Kommiliton:innen in der Pandemie erging.

Eine Umfrage zeigte Bedarf

Denn es zeichnete sich bereits ab, dass sich die psychische Gesundheit von Studierenden unter den erschwerten Studienbedingungen und durch die soziale Isolation verschlechterte. Das bestätigten die Umfrage der Initiative 2021 und 2022 an der FU.

„Etwa ein Drittel der Studierenden gaben an, dass sie sich stark oder sehr stark belastet fühlen, erklärt Petri. „Wenn ich Dozierenden das Projekt vorstelle, sage ich auch ganz deutlich: In ihrem Seminar hat statistisch gesehen jede dritte Person gerade eine sehr schwere Zeit", so Petri.

Etwa ein Drittel der Studierenden gaben in der Pandemie an, dass sie sich stark oder sehr stark belastet fühlen.

Stefan Petri, Leiter der Psychologischen Beratung der FU Berlin

Die Hochschulen wissen um diese Problematik, die Folgen halten bis heute an. An der FU werden seit Jahren psychologische Beratungen angeboten, das Angebot reicht heute nicht mehr aus. Die Beratungen seien überlastet, sagt Petri, auf Termine müsse teilweise lange gewartet werden.

Für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Problemen sind die in der Regel langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz meist eine Qual, oft mit Frustrationen verbunden. Das Angebot an den Universitäten kann daher eine wichtige Anlaufstelle zur Überbrückung sein.

Die Support Points an den Fachbereichen sollen Studierende direkt dort abholen, wo sie ohnehin sind: auf ihrem Campus. „Zum einen ist es gut, dass die Hilfe direkt vor Ort ist.

Zum anderen sind die Studierenden aber nicht an ihren Fachbereich gebunden. Wenn man also lieber dort hingeht, wo einen niemanden kennt, kann man einfach auf einen anderen Standort gehen oder sogar den Campus wechseln", erklärt Petri.

Der Zugang soll einfach sein

Denn noch immer ist es häufig mit Scham verbunden, über eigenen Ängste und Probleme zu sprechen. Es sei daher wichtig, den Zugang so einfach wie möglich zu gestalten. Die Sprechstunden sind online zu finden und brauchen keine Terminvereinbarung vorab. Durch die Support Points erhofft sich die Uni zudem, dass die Hilfsangebote bekannter werden. Denn viele Studierenden wüssten nicht, dass es diese Unterstützungen gibt.

Wie wird das Angebot angekommen? Einige Support Points sind bereits im Oktober letzten Jahres gestartet, die restlichen im März dieses Jahres. Offen ist das Angebot auch für Dozent:innen der FU, angenommen werden die offenen Sprechstunden aber in erster Linie von Studierenden. Einige sind Petri zufolge bereits gut ausgelastet. „Viele sprechen in der Beratung von Depressionen, Ängsten und allgemeiner Überforderung mit den Leistungserwartungen."

Bei dem Hilfsangebot geht es auch darum, Studierende bei der Therapieplatzsuche zu unterstützen. Denn wichtig ist: Die psychologischen Angebote an der Universität sind kein Therapieersatz.

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Petri betont auch: Dass ein Studium mit Stress und Leistungsdruck einhergehe, könne man am Ende in diesem Rahmen nicht ändern. Die Berater:innen der Support Points versuchten eher, den Studierenden Wege aufzuzeigen, wie sie mit all den Anforderungen besser umgehen können.

Geplant sind Petri zufolge für die Zukunft auch themenbezogene Gruppen. Viele Studierenden erlebten ähnliche Herausforderungen - da könne es schon helfen, sich konkret darüber auszutauschen und sich so weniger mit seinen Problemen allein zu fühlen.

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