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Im Hörsaal kann es kälter werden

Larena Klöckner

Task Forces, Notfallpläne und der Ruf nach Landeshilfen: Wie sich Berliner Hochschulen auf steigende Energiekosten und die kalte Jahreszeit vorbereiten.

Auf die Corona Task Force folgt die Task Force Energie. Beide stehen für eine Ausnahmesituation. Und beide zeigen: Die Krisen der Zeit gehen auch an Berliner Hochschulen nicht spurlos vorbei. So auch die Energiekrise, die nun den Unialltag trifft. Um ihr bestmöglich entgegenzusteuern, ist schnelles Handeln gefragt.

Die Leitung der Technischen Universität Berlin (TU) hat bereits „Sofortmaßnahmen zum Energiesparen" verkündet. Schon 2021 sei ein großer Teil des TU-Haushalts in die rund 19 Millionen Euro Heizkosten geflossen, heißt es auf Anfrage. Die Uni stelle sich auf weitere „drastische Preissteigerungen" ein. Zu den Maßnahmen, die in der vor wenigen Tagen gegründeten Task Force besprochen werden, gehört folgerichtig die Senkung der Energiekosten.

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Also frieren während der Vorlesung? So weit ist es noch nicht. Dennoch sei eine „Reduktion der Raumtemperatur" denkbar, sagt die TU-Sprecherin. Zudem sollen etwa durch die Schließung der Gebäude in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr Heizkosten gespart werden - eine Maßnahme, die die FU schon vor Jahren eingeführt hat.

Aber nicht nur kurzfristige Maßnahmen seien entscheidend, so die TU-Sprecherin. Vielmehr sehe sich die Universität in der Pflicht, „den Klimawandel zu stoppen".

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Auch an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) wurde eine Task Force eingerichtet, die Entwicklungen zur Energie- und Gasversorgung beobachten soll. Die HU befürchtet, dass sich die Auswirkungen der steigenden Energiekosten auf den Lehrbetrieb nicht verhindern lassen. „Wir gehen jedoch in diesem Fall von einer Sonderzuweisung des Landes aus", erklärt eine Sprecherin der HU. Vom Senat wird also ein Heizkostenzuschuss erwartet.

Die Freie Universität (FU), die bereits 2019 intern einen Klimanotstand ausgerufen und sich der Klimaneutralität und der Nachhaltigkeit verschrieben hat, sieht sich auf die aktuelle Energiekrise gut vorbereitet. Der Energieverbrauch habe 2021 habe trotz gestiegener Studierendenzahlen und wachsender Ausgaben 30 Prozent unter dem von 2000/2001 gelegen, erklärt ein Sprecher.

Jetzt solle eine Arbeitsgruppe in Absprache mit dem FU-Präsidium einen Notfallplan erarbeiten. Konkrete neue Maßnahmen gebe es noch nicht.

[Gestiegene Energiekosten: Einen Überblick über die Entlastungspakete der Bundesregierung finden Sie hier]

Auch an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) hat man vorgesorgt: Die FH schaut mit Blick auf die eigenen Dächer zuversichtlich auf die kommenden Monate. „In den letzten zwei Jahren haben wir massiv Photovoltaik auf den Dächern installiert", erklärt HTW-Präsident Carsten Busch. Zudem sei die Hochschule bereits auf dem besten Weg zur Klimaneutralität.

Zudem lehrt und forscht die HTW seit Jahrzehnten zu Themen wie Umweltmanagement und erneuerbarer Energie, betont der Präsident. Und auch immer mehr neue Forschungsschwerpunkte konzentrieren sich auf Nachhaltigkeit, wie etwa „Sustainable Smart Cities" mit 17 Professuren.

Aus den vergangenen Corona-Semestern habe man außerdem gelernt, mit Krisen umzugehen, so Busch. Heute wie damals stehe dabei ein möglichst reibungsloser Lehrbetrieb im Fokus.

Reibungslose Abläufe will auch die Charité gewährleisten, der Lehrbetrieb sei durch die Energiekrise kurzfristig nicht gefährdet, heißt es auf Anfrage. Der bestehende Hochschulvertrag berücksichtige jedoch nicht die gestiegenen Kosten. Damit die Charité keine „einschränkenden Maßnahmen" ergreifen müsse, hoffe sie auf eine Kompensation durch das Land, teilt ein Sprecher mit.

Im Kampf gegen die Energiekrise werde aber auch auf die Eigenverantwortung der Mitarbeiter:innen gesetzt, um die Energiekosten nachhaltig zu senken. Daher hat die Charité die Kampagne „Klimaretter - Lebensretter" mitinitiiert, an der Uniklinika bundesweit teilnehmen.

Motiviert wird das Personal damit unter anderem, Treppe zu steigen, statt den Aufzug zu benutzen, Standby zu vermeiden oder richtig zu lüften. Derzeit würden die Gebäude auf ihren energetischen Zustand geprüft und wenn nötig optimiert, erklärt die Pressestelle. Auch für eine entsprechende umfangreiche Gebäudesanierung sei die Charité auf zusätzliche Landesgelder angewiesen, erklärt ein Pressesprecher.

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Der Querschnitt durch die Berliner Hochschullandschaft zeigt, dass die Energiekrise die Einrichtungen treffen und verändern wird. Welche konkreten Maßnahmen die schnell berufenen Task forces verordnen und wie dick die Pullover an der Uni im Herbst und Winter sein müssen, bleibt abzuwarten.

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