Lara Schauland

Politik und Fußball, Berlin

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Artikel

Fußballrealität: Wem gehört der Fußball?

Am 10. Juli hat der Drittligaabsteiger FSV Zwickau eine besondere Aktion gestartet: unter dem Motto "Fußball gehört den Fans" will die Fanszene des sächsischen Klubs in acht Wochen 500.000 Euro zum Erhalt des Vereins sammeln, nachdem ein Investoreneinstieg abgelehnt worden war. Rund 170.000 Euro sind bereits zusammengekommen. Die Zwickauer haben nicht zuletzt durch den Abstieg mit großen finanziellen Problemen zu kämpfen. Dabei werfen sie eine zentrale Frage auf: Wem gehört der Fußball eigentlich?

Unter dem Motto "Wenn jemand hier investiert, dann sind wir es!" hat der FSV Zwickau bereits über 800 Dauerkarten für die bevorstehende Regionalligasaison verkauft. Die Fans hatten schon vor der Kampagne über 200.000 Euro Spenden gesammelt, um den Verein zu sanieren. Zuvor war der Einstieg eines Investors im Gespräch: "Neue Menschen auf der Geschäftsstelle, gewonnene und sicher geglaubte Werte vor dem Verfall, altgediente Spieler wurden seelenlos vom Hof gejagt. Der Investor schien die einzige Rettung für unseren verschuldeten Verein - doch zu welchem Preis?" so die Initiative des Fördervereins FSV Zwickau.

Am Abgrund

Fußballvereine gelten mittlerweile als lukrative Anlageoptionen - auch in Deutschland. Die meisten Klubs haben ihre Profiabteilungen ausgegliedert und so den Weg für Investoren freigemacht. Dem Umfeld des FSV Zwickau wurde klar, dass die Übernahme durch einen Investor viele negative Begleiterscheinungen mit sich bringen würde, genügend Beispiele sind überall zu finden. Eines der bekanntesten: Hertha BSC hatte nur knapp vier Jahre nach dem Einstieg von Investor Lars Windhorst, der insgesamt mehr als 370 Millionen Euro in den Klub steckte, erheblich zu kämpfen, um der DFL seine wirtschaftliche Handlungsfähigkeit nachzuweisen. Die Erteilung einer Lizenz für die zweite Liga war zunächst unklar.

Der FSV Zwickau ist bei weitem nicht der erste Klub, der vor einer wirtschaftlichen Katastrophe steht. Ursache sind auch die Strukturen des hiesigen Profifußballs. Seit 15 Jahren existiert die eingleisige dritte Liga, in der Zeit haben zehn Vereine, darunter auch namhafte Traditionsklubs wie der Chemnitzer FC, der 1. FC Kaiserslautern, Rot-Weiß Erfurt und Alemannia Aachen, Insolvenz anmelden müssen. Die dritte Liga wird, im Gegensatz zur ersten und zweiten Liga, die in die DFL ausgelagert wurde, vom DFB betrieben und birgt ein erhebliches finanzielles Risiko für die Vereine. Es gibt kaum Einnahmen aus der Vermarktung der Übertragungsrechte, für Erst- und Zweitligisten sind sie die Haupteinnahmequelle.

Kampf um Teilhabe

"Wir wissen, dass in vielen Städten und Vereinen der Kampf gegen zu einflussreiche Sponsoren bereits gekämpft wurde, aktuell gekämpft wird oder möglicherweise vor der Tür steht. Fakt ist, dass das Thema vielerorts allgegenwärtig ist und das System Fußball, so wie es aktuell aufgebaut ist, für viele Vereine eine Einbahnstraße ist, ohne die Möglichkeit jemals anzukommen", schreiben die Zwickauer Fans. Die Kampagne soll ein Symbol werden: für einen "gesunden und ehrlichen Fußball", für die Einbeziehung der Basis - ein bundesweites Exempel, dass es auch anders geht.

Viele Fans fühlen sich seit Jahren ohnmächtig. Sie unterstützen ihre Vereine Woche für Woche von den Rängen, opfern ihre Freizeit und viel Geld. Ohne sie gäbe es das gut vermarktete Event Profifußball nicht. Doch ihr Engagement wird kaum wertgeschätzt, Forderungen nach Mitbestimmung im Keim erstickt. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Vorfall beim FC Bayern München im Jahr 2021. Schon im Vorfeld der Jahreshauptversammlung (JHV) des Vereins sorgte der Katar-Antrag des FCB-Mitglieds Michael Ott für mächtig Wirbel. Auf der JHV eskaliert der Konflikt. Das FCB-Mitglied wollte einen Spontanantrag einbringen, um über den Sponsorenvertrag mit der Fluglinie Qatar Airways abstimmen zu lassen, was das Präsidium nicht zuließ. Statt dessen beendete Präsident Herbert Hainer unter Buhrufen und Pfiffen die Veranstaltung, bevor alle eingereichten Redebeiträge gehört wurden. Die Vereinsführung schränkte bewusst die Mitgliedsrechte ein, um eigene (Kapital-)Interessen durchzusetzen. Ein deutliches Zeichen, wer tatsächlich die Macht hat.

Der Sportjournalist und Buchautor Christian Bartlau beantwortet die Frage "Wem gehört der Fußball?" eindeutig: Der Fußball gehört wenigen Reichen, aber ganz bestimmt nicht den Fans. Kapitalvertreter haben das Sagen, nicht Mitglieder oder Fans. Eine Folge des marktkonformen Fußballs.

Um so wichtiger ist der Kampf um Mitbestimmung und Teilhabe. Die Initiative der Zwickauer kann helfen, Alternativen aufzuzeigen. Fans sitzen dort mittlerweile in den Gremien, kämpfen darum, den FSV vor der Löschung aus dem Vereinsregister zu bewahren. "Schenkt uns diese einmalige Chance. In Zwickau haben wir es geschafft, ohne einen Investor und den Verkauf unserer Seele in die neue Spielzeit zu gehen", so die Initiative. "Ein Weg, für den es sich zu kämpfen lohnt und den sich sicherlich viele für ihren Verein (auch künftig) wünschen." Das benötigte Geld wird über die Website 99funken.de eingesammelt.

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