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Geldtransport per Flugzeug: 300 Millionen Euro Bargeld in den Iran fliegen - ein logistisch komplizierter Transport

Dass größere Summen in bar per Flugzeug von einem Land ins andere gebracht werden, kam aber schon häufiger vor. Gründe können vielfältig sein. Logistisch kompliziert ist so ein Geldtransport fast immer.

2013 wurde beispielsweise eine Milliardensumme in Euro von der Bundesbank nach Zypern transportiert. Der Grund: Das Land hatte aufgrund von hoher Inflation Angst vor einem sogenannten „Bank Run". Nachdem die Geldhäuser zwölf Tage lang geschlossen waren, wollte man auf einen großen Ansturm vorbereitet sein.

Die Aktion fand in der Nacht statt. Lastwagen luden das Geld in Deutschland ein. Währenddessen kreiste ein Hubschrauber über dem Gebäude, bewaffnete Polizisten patrouillierten davor. Dann transportierte eine Maschine der Lufthansa die wertvolle Fracht nach Zypern. Der Bank Run blieb aus.

Zu einem solchen Sturm auf die Banken kam es bislang immer dann, wenn Sparer das Vertrauen in ihre Bank oder das ganze Bankensystem verloren. Zum Beispiel sahen in der Weltwirtschaftskrise vor mehr als 80 Jahren viele ihre Gelder bei den Banken nicht mehr als sicher an. Sie wollten alle gleichzeitig ihre Guthaben abheben. Vor den Schaltern bildeten sich lange Schlangen.

Sind die Banken nicht darauf vorbereitet, dann kann es zu Geldengpässen kommen oder im äußersten Fall zum Zusammenbruch. Denn Banken halten nur begrenzt Bargeld vor. Sie arbeiten mit dem Geld der Anleger, legen es an und verleihen es weiter, damit es Zinserträge bringt.

Mit ähnlichen Mechanismen begründet der Iran nun auch seinen Bedarf an Bargeld in Euro. In Teheran hieß es in Finanzkreisen, die Bargeldaktion solle „die aufgebrachte Bevölkerung befrieden". Seit Monaten stürzt die Landeswährung Rial ab, die meisten Wechselstuben sind geschlossen. Sie müssten Devisen zum Mitte April von der Zentralbank festgelegten amtlichen Wechselkurs verkaufen - der aber liegt um fast 50 Prozent unter dem Schwarzmarktwert von Dollar oder Euro.

Seitdem demonstrieren immer wieder Iraner im ganzen Land gegen die Wirtschaftspolitik. Sie benötigen das ausländische Bargeld, zum Beispiel um die Studiengebühren ihrer im Ausland lebenden Kinder zu bezahlen oder Kredite für Wohnungen in Dubai zu bedienen. Viele Ladenbesitzer beziehen ihre Waren aus dem Ausland.

Devisen zum billigen Staatskurs bekommen aber nur einige ausgewählte Firmen. Das verstärkt die Korruption und heizt neue Proteste an. Deshalb habe die Zentralbank frisches Bargeld aus Deutschland holen wollen, heißt es. Außerdem könnten neue US-Sanktionen den Zugriff des Iran auf Konten im Ausland abschneiden.

Das verstärkt den Bedarf an ausländischem Bargeld. Es macht die Situation aber auch politisch heikel. So forderte der US-Botschafter Richard Grenell von der Bundesregierung, den vom Iran geplanten Bargeld-Transfer von 300 Millionen Euro zu untersagen. „Wir ermutigen die deutsche Regierung auf höchster Ebene, zu intervenieren und dieses Vorhaben zu stoppen", sagte er. „Wir sind sehr besorgt über die Berichte, dass das iranische Regime versucht, Hunderte Millionen Euro in bar von einer deutschen Bank in den Iran zu bewegen."

Das Vorhaben werde nun geprüft, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums. Zuständig für die Prüfung ist die deutsche Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin. Für die Bundesregierung ist die Lage kompliziert: Sie will einerseits mit der EU das Atomabkommen mit dem Iran retten - das sieht Kontrollen im Gegenzug für wirtschaftliche und finanzielle Vorteile vor.

Auf der anderen Seite droht heftiger Ärger mit den USA und Israel. Sie werfen dem Iran vor, das Geld für Terrorfinanzierung nutzen zu wollen. Denn Bargeld ist anonym. Wer es vorher besaß und woher es stammt, wird nirgends automatisch gespeichert. Das macht es zu einem guten Zahlungsmittel für kriminelle Machenschaften. Auch die „Bild"-Zeitung, die zuerst über den umstrittenen Transfer berichtet hatte, brachte diese Auszahlung in den Zusammenhang, dass „das Bargeld zum Beispiel zur Terrorfinanzierung" verwendet werden könnte.

Die USA flogen 2016 selbst eine Maschine voller Bargeld in den Iran

US-Präsident Donald Trump hat das Atomabkommen mit dem Iran gekündigt. Außerdem kündigte er die neuen Sanktionen an, weil er der Meinung ist, dass Iran heimlich weiter nach einer Atombombe strebe. Dabei ging eine mit Geld vollgeladene Maschine sogar schon mal von den USA in den Iran. 2016 war das Teil des Atomdeals, dem die USA damals noch angehörten. 400 Millionen US-Dollar - zum damaligen Wechselkurs knapp 360 Milliarden Euro - wurden auf Paletten in ein Flugzeug geladen und in den Iran gebracht. Als Gegenleistung ließ das Land US-amerikanische Gefangene frei.

Die jüngsten Mahnungen Grenells sorgten bei Grünen und Linken für Protest: Der Grünen-Außenpolitikexperte Jürgen Trittin meinte, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) dürften sich nicht von der US-Regierung eine solche Entscheidung diktieren lassen. Der Linken-Politiker Stefan Liebich kritisierte bei Twitter: „Es ist ein neuer Stil, dass Botschafter Richard Grenell die Bundesregierung via „Bild" auffordert, etwas zu tun oder lassen. Und kein guter." Schon zuvor hatte Grenell sich eingemischt - und unter anderem deutsche Unternehmen zum Rückzug aus dem Iran-Geschäft aufgerufen.

Deutschland hat aktuell keine Finanzsanktionen gegen Iran verhängt. Dennoch ziehen sich aus Angst vor finanziellen Strafen von den USA immer mehr deutsche Geldhäuser aus dem Iran-Geschäft zurück. Die Commerzbank, die zuletzt noch mit Iran-Finanzierungen aktiven Landesbanken, die DZ Bank und andere haben bereits Iran-Aktivitäten eingestellt.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin betonte, Teil der aktuellen Prüfung sei auch, „ob Verletzungen gegen ein Sanktionsregime vorliegen". Die Sprecherin des Finanzministeriums machte zur Dauer des Verfahrens keine Angaben. „Auf jeden Fall gibt es eine klare Linie, wenn eine solche große Transaktion ansteht in Länder, die mit Blick auf Geldwäsche und Terrorfinanzierung mit besonderen Risiken behaftet sind", sagte sie. Um den Transport zu untersagen, brauche es handfeste Beweise, dass das Geld für illegale Aktivitäten verwendet werden soll.

Wenn er denn stattfindet, wird der Transport aber sicherlich spektakulär. Eine Millionen in 500-Euro-Scheinen wiegt 2,24 Kilogramm. Stolze 672 Kilo würden die 300 Millionen der EIH somit wiegen. Ein paar Koffer für den Transport sollten dafür reichen. Aber - da 500-Euro-Scheine bald nicht mehr ausgegeben werden - könnten sich die Iraner für 200-Euro-Scheine entscheiden. Das würde einschließlich Banderolen ein Gewicht von 1620 Kilogramm ausmachen. In normalen Koffern transportiert, müssten gut 80 Koffer unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen an Bord geschleppt werden.

Auf der Internetseite der EIH wird betont: „Im Hinblick auf die einseitige Aufkündigung des Atomabkommens mit Iran durch US-Präsident Donald Trump möchten wir Sie informieren, dass (...) durch geschäftspolitische Entscheidungen von europäischen Banken kurz- bis mittelfristig Einschränkungen im Zahlungsverkehr entstehen können." Von offizieller Seite gab es bisher kein Bestätigung für den geplanten Geldtransport über den Wolken. Sie wäre aber wohl eine der größten Barabhebungen in der Geschichte der Bundesrepublik.

Mit Material von Reuters und Bloomberg.
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