Kristoffer Cornils

Freier Journalist und Redakteur, Berlin

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Artikel

»Zur Geschichte der Playlist« (»Listen!«, Spector Books/HKW)

Die Form der Liste ist die Ausformung einer Kultur, die Ordnung schaffen will – in der Kommunikation, der Wissensvermittlung oder der Welterfahrung überhaupt.Die Motivation zur Listenerstellung kann allerdings genauso differieren wie die Kriterien, nach denen Listen erstellt werden. So nüchtern eine jede Liste auf den ersten Blick erscheinen mag, ist sie selbst immer von den Interessen überformt, die sie implizit repräsentiert. Denn wer Ordnung schaffen möchte, bildet entweder bestehende Ordnungen ab wie die World’s Billionaires List von Forbes oder strebt neue an, wie im Falle von Wahllisten. Weshalb eine jede Liste nicht nur selbst Ausformung von Kultur ist, sondern ihrerseits Kultur in soziopolitischer Hinsicht formt.


Die Liste mag ein Medium sein, in dem das Diskrete vereint und öffentlich erfahrbar gemacht wird, allerdings geht sie dabei immer auch von einer bestimmten Definition von Öffentlichkeit aus und arbeitet daran mit, diese Öffentlichkeit zu konstruieren. Denn was ist ein Bilder-Listicle wie „50 People You Wish You Knew In Real Life” auf der Unterhaltungsplattform Buzzfeed anderes alseine normative Setzung, die einerseits von einer weitgehenden Kongruenz ästhetisch-ethischer Vorannahmen ausgeht, wie sie diese andererseits selbst mitbestimmen soll? Listen sind, einmal aufgeschrieben, immer auch Machtdiskursen verschrieben, sie reflektieren und konstituieren Hierarchien und schreiben sich so in kulturelle Prozesse ein. Oder was waren die zehn Gebote, wenn nicht eine Liste?


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