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Lachs zum Fest: lecker, gesund - und umweltschädlich?

Lachs ist der beliebteste Speisefische in Deutschland – aber ist er auch gesund und kann umweltfreundlich produziert werden? © Quelle: Daniel Bockwoldt/dpa

Hamburg. Ob geräuchert, gebraten oder gleich ganz roh - Lachs schmeckt in unterschiedlichster Form. Das Tier mit seiner charakteristischen rosa Farbe ist seit vielen Jahren der beliebteste Fisch der Deutschen. Im Jahr 2020 lag sein Marktanteil laut Fisch-Informationszentrum bei 17,6 Prozent, gefolgt vom Thunfisch.


Nicht nur wegen seines aromatischen Geschmacks und seiner glatten Fleischstruktur ist der Lachs beliebt. Er gilt auch als sehr gesundes Lebensmittel, vor allem wegen seines hohen Gehalts an Omega-3-Fettsäuren, die vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Außerdem enthält Lachs viel Eiweiß, Jod, die Vitamine D, B6, B12, Niacin und Folsäure, die der Körper für die Zellerneuerung braucht.


Wie nachhaltig ist der Lachskonsum?

Doch das wohlschmeckende Nahrungsmittel hat auch eine Kehrseite: Gerade weil Lachs so beliebt ist, werden die Tiere auf riesigen Farmen gezüchtet. Das führt zu Problemen für die Umwelt und beunruhigt auch Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich etwa um Rückstände von Antibiotika oder giftigen Metallen sorgen. Zahlreiche Fisch-Labels sollen die Produktionsbedingungen verbessern und für Konsumentinnen und Konsumenten transparenter machen.


Eines davon ist das Kennzeichen der Nichtregierungsorganisation ASC (Aquaculture Stewardship Council). Laut ASC hat sich die Lachsproduktion im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Qualität der Fischprodukte in den letzten Jahren erheblich verbessert. Lachs sei inzwischen besser als sein Ruf, so die Organisation. Was hat sich tatsächlich getan, und wo liegen weiter Probleme? Zwei Fischexpertinnen klären auf über Mythos und Wahrheit in Sachen Lachs.


Eine gute Nachricht zuerst: Der Einsatz von Antibiotika in der Lachszucht ist tatsächlich massiv zurückgegangen. Da die Jungfische mittlerweile früh geimpft werden, kann in den Aquakulturen fast komplett auf antibakterielle Medikamente verzichtet werden, berichtet der ASC aus einer aktuellen Studie. Die Stiftung Warentest fand bei ihrem letzten Test daher auch in keinem von 25 Lachsfilets Rückstände von Antibiotika.


Massentierhaltung unter Wasser?

„Was die Qualität als Lebensmittel angeht, gibt es definitiv gute Lachsprodukte", sagt Jana Fischer, Fischexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Man müsse bei der Beurteilung also zwischen der Produktqualität und Fragen von Nachhaltigkeit und Tierwohl unterscheiden. Was diese beiden Punkte betreffe, sei in der Lachszucht noch lange nicht das Optimum erreicht, so Fischer.


Auch Ökotest kritisiert in einem aktuellen Test die Haltungsbedingungen auf den riesigen Lachsfarmen, auf denen oft über 100.000 Tiere gleichzeitig gezüchtet werden. Diese führten dazu, dass sehr viele Tiere sterben, bevor sie ihr Schlachtgewicht erreichen. Der ASC betont, dass die Lachse in zertifizierten Betrieben in Norwegen nur 2,5 Prozent des Platzes im Gehege einnehmen dürfen. Trotzdem steht für Jana Fischer fest: „Es ist letztlich eine Massentierhaltung unter Wasser."


Nachhaltiger Wildlachs garantiert Tierwohl

Zumal Lachse Wanderfische seien und in freier Wildbahn Tausende Kilometer zurücklegen, sei eine tatsächlich artgerechte Haltung der Tiere ohnehin unmöglich, betont auch Catherine Zucco von WWF. Die Umweltschutzorganisation rät deshalb eher zu MSC-zertifiziertem Wildlachs als zu Produkten aus Aquakultur. „Die Lachsfischerei in Alaska ist sehr gut gemanagt und es gibt dort keine Probleme mit Überfischung", sagt Zucco. „Das ist einer der wenigen Wildfische, die wir überhaupt noch empfehlen."


Zur Wahrheit gehört aber auch: Wildlachse sind oft von Parasiten befallen, sogenannten Nematoden. Sowohl Ökotest als auch die Stiftung Warentest konnten die winzigen Fadenwürmer in einigen Wildlachsprodukten nachweisen. Für Menschen sind die Nematoden-Reste aber unschädlich und so klein, dass man sie nicht sehen kann.

Ein weiteres Problem besteht in der Fütterung der Lachse. Da die Tiere Raubfische sind, sind sie auf tierisches Futter angewiesen. „Wenn Wildfisch an die Zuchtlachse verfüttert wird, belastet dass die Fischbestände und verschärft das Problem der Überfischung", erklärt Zucco.


25 Prozent mehr Lachsverzehr


Zwar sei die Fütterung in den Aquakulturen effizienter geworden und ein zunehmender Anteil des Lachsfutters bestehe aus Soja und anderen pflanzlichen Quellen. Zudem würden zunehmend Fischabfälle, etwa aus Flossen, verfüttert. „Da die Produktion aber gleichzeitig immer weiter zunimmt, wird dieser positive Effekt wieder ausgeglichen", erklärt Zucco.

Die Zahlen sprechen für sich: Während laut dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei im Jahr 1981 weltweit nur knapp 22.000 Tonnen Atlantischer Lachs in Fischfarmen produziert wurde, sind es heute über 2,6 Millionen Tonnen. „Der Verzehr von Lachs in Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren noch mal um 25 Prozent gesteigert", sagt Zucco.


Die Größe und Anzahl der Lachszuchten belastet auch die Meeresböden. Da die Gehege als offene Käfige im Meer schwimmen, gelangen Ausscheidungen, Futterreste, aber auch Medikamente direkt in die marinen Ökosysteme. „Durch die starke Überdüngung können Bakterienmatten auf dem Meeresboden entstehen - das kann dazu führen, dass der Sauerstoffgehalt im Wasser abnimmt und ganze Todeszonen entstehen", sagt Zucco.


Biolabels lohnen sich

ASC-zertifizierte Aquakulturen sind verpflichtet, die Verhältnisse auf den Böden unterhalb ihrer Käfige zu messen. Durch die große Anzahl der Zuchten könnten aber kumulative Effekte entstehen, wenn mehrere Zuchtbetriebe mit zu geringem Abstand voneinander entfernt liegen, erklärt die Fischereiexpertin. „Ein Kritikpunkt an Labels wie ASC ist es, dass sie die gesamtökologischen Effekte zu wenig berücksichtigen", sagt Zucco.


Die Verbraucherzentrale Hamburg hat mehrere Labels für Aquakulturen verglichen und kommt zu dem Schluss, dass bei Zuchtfisch vor allem Biolabels wie Naturland zu empfehlen sind. Dort werde etwa gewährleistet, dass Jungtiere für die Fischzucht ebenfalls aus ökologischen Betrieben stammen, erklärt Jana Fischer. „Bei Biolabels wird strenger auf die Minimierung von negativen Umweltauswirkungen geachtet", sagt auch Zucco.


Verbraucherschützerin Fischer betont: „Lachs sollte als Delikatesse betrachtet und daher nur selten gegessen werden." Wenn dann doch mal Fisch auf den Tisch kommt - zum Beispiel zu den Festtagen - muss es vielleicht nicht immer Lachs sein. „Ich habe letztes Jahr zum Beispiel Karpfen gekocht", sagt Catherine Zucco. Der Süßwasserfisch könne ohne schädliche Einflüsse auf die Umwelt in Teichen gezüchtet werden, wo er viel Platz habe, und ernähre sich von Pflanzen. „Und ein typisches Weihnachtsessen ist es auch".

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