Das Lebensgefühl an der Mittelmeerküste zwischen Genua und Marseille wurde erfunden von Menschen, die sich einen Sommer lang von Sonne, Sand und Champagner ernähren konnten. Was ist von der legendären Riviera übrig geblieben? Eine Spurensuche.
Die echte Riviera, wie sie in Büchern steht und auf Leinwände gemalt wurde, beginnt im Kopf. Unsere nahm ihren Anfang in Florenz, nach einem Streit, an der Piazza Santo Spirito. Wir waren schon einige Tage in der Stadt, machten Ferien, hatten ein schönes Zimmer mit Ausblick, alles toll. Morgens weckten uns die Glocken der Kathedrale Santa Maria del Fiore, und nachmittags gingen wir in die Galerie der Uffizien. Der Eintritt war sehr teuer, woran laut Einlasspersonal die letzte Regierung schuld sei oder die derzeitige oder die nächste. So richtig wusste das in Italien niemand. Ausserdem war es heiss, und man stand immer an, lange, und drinnen angekommen, wollten dann alle die Gemälde von Botticelli sehen, oder sie wollten gesehen werden, wie sie die Gemälde von Botticelli sehen. Telefone mit albernen Schutzhüllen wurden wie Revolver auf die "Venus" oder den "Vater" Albrecht Dürers gerichtet. Das machte uns nervös. Auf unserem Rückweg begannen wir zu streiten. Wahrscheinlich nur wegen der vielen Reisebusse und der bunten Telefone, aber es war wieder vorbei, wieder für immer. Sie ging wutentbrannt ins Hotel, ich in die nächste Bar.
Wie die Bar hiess, kann ich nicht sagen, aber sie lag am Ende der Piazza Santo Spirito, neben einer Kirche aus Spritzputz, nicht weit vom Hotel. Vormittags war der Platz ein Markt, und nachmittags rannten auf ihm Kinder. Der Platz beruhigte sich nie. Die Kinder jagten Hunde, und die Hunde jagten Tauben, und die Kinder schossen [...]
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