Am Tag nach Nancy Pelosis Abreise läuft das Leben in Taipeh völlig normal weiter. Nichts deutet darauf hin, dass die Hauptstadt zwei Tage lang im Brennpunkt der Weltöffentlichkeit stand. Das Interesse von Medien und Militär hat sich verlagert. Es liegt jetzt auf weiten Meeresgebieten Richtung Osten im Pazifik und Richtung Westen in der Straße von Taiwan, wo China seit heute Militärübungen durchführt. Die ursprünglich sechs, mittlerweile sieben ausgewiesenen Zonen liegen an einigen Stellen gerade noch in Sichtweite von Taiwans Küsten.
"Von meinem Hotelbalkon aus kann ich gerade zehn Schiffe am Horizont sehen", zählt Eastwood im Gespräch mit tagesschau.de nach. "Vorhin waren es 13, sie sind gegen Mittag aufgekreuzt." Ihren genauen Typ könne er nicht ausmachen. Weil sie still lägen und mit dem Bug gen Westen zeigten, Richtung China, gehe er davon aus, dass hier Taiwans Marine oder Küstenwache die Grenze der Territorialgewässer bewacht.
Die Stimmung auf der Insel mit mehr als 10.000 Bewohnern sei ruhig, erzählt Eastwood. Keine geschlossenen Betriebe, keine plötzlich aufgetauchten Soldaten. "Wenn man die Leute fragt, lachen sie und sagen, noch hat China ja nicht angegriffen." Seinem Eindruck nach überwiege die Sorge vor Auswirkungen auf den Tourismus.
Da sich Chinas Schiffe und Flugzeuge in den vergangenen Jahrzehnten aber niemals Taiwan so dicht angenähert hatten, wäre so eine Verletzung im Zuge der Militärübungen eine echte Eskalation, die den Konflikt auf ein neues Niveau bringen könnte - denn Taiwan müsste reagieren, und das Risiko von Zwischenfällen würde steigen.
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