Eine Wanderausstellung in Taiwan zeigt Kunstwerke von Menschen, die zum Tode verurteilt wurden. Sie soll für ein Umdenken in der Bevölkerung sorgen.
Ein violettes Plakat vor der Tür macht Besucherinnen und Besucher neugierig. Es zeigt viele kleine Kisten, in einer davon hockt ein Mensch. Dahinter befindet sich ein Ausstellungsraum mit großformatigen Tuschezeichnungen und chinesischen Kalligrafien. Einen Hinweis auf das Thema der Ausstellung gibt es zunächst nicht. Unter dem Titel "Not who we were" ("Nicht die, die wir waren") war sie im Juli in einem bei Touristen beliebten Viertel der Hauptstadt Taipeh zu sehen.
Etwa 1.500 Besucher kamen, sagt Veranstalterin Lin Hsin-yi."Sie mussten erst entdecken, worum es eigentlich geht. So traten sie ohne Vorurteile ein." Viele wären wohl abgeschreckt gewesen, wenn sie vorab erfahren hätten, dass die Werke in der Haft entstanden und alle Künstler zum Tode verurteilt waren oder sind. Stattdessen hörte Lin als erste Reaktion oft: "Oh, die haben Talent."
Taiwan gilt als Asiens Musterbeispiel für gelungene Demokratisierung. Zugleich ist das Land neben Japan und den USA eine der wenigen Demokratien, die noch hinrichtet. Verhängt wird die Todesstrafe ausschließlich für Mord und nur in wenigen Fällen - solchen, die in besonderem Maße Anstoß erregen. Angesichts von sensationsheischenden Medien versucht Veranstalterin Lin, die Direktorin der "Taiwan Alliance to End the Death Penalty" (TAEDP) ist, auch die Täter ins Bewusstsein zu rücken. Die Wanderausstellung, die unter anderem von Amnesty Taiwan und der EU-Vertretung in Taipeh unterstützt wird, soll genau das leisten.(...)