Süßlicher Geruch, dampfende Kohlestückchen: Shisha rauchen wird immer beliebter. Obwohl eine Shisha das Vielfache des Nikotins einer herkömmlichen Zigarette enthält, sind die bunten Wasserpfeifen, grade unter Jugendlichen, sehr populärer. Auch in Worms ist der Trend angekommen, mittlerweile gibt es mindestens ein Dutzend Shisha-Bars in der Stadt.
Einmal tief einatmen. Der Rauch kriecht den Schlauch hoch, durch die Lippen hindurch. Im Glasbauch der Pfeife blubbert das Wasser, die Kohlenstücke glühen orange. Ein Geschmack von Kühle. Dann ausatmen.
Der Rauch aus vielen Mündern füllt den Innenraum des „Park Cafés". Die Luft ist dunstig, den süßlichen Geruch riecht man schon draußen. An diesem Abend ist die Bar gerammelt voll. Die Kellner laufen von Tisch zu Tisch und legen neue Kohlenstücke auf. In einem Sessel sitzt Damir Adrovic, einer der beiden Inhaber des „Park Cafés", auf dem Tisch vor ihm steht eine Cola, neben ihm eine Shisha.
„Wir sind gut durchgestartet, besser als wir erwartet hatten", sagt Adrovic. Erst im April wurde der Laden eröffnet, direkt am Bahnhof gelegen, am Ende der Fußgängerzone. Vorher gab es eine Boutique in diesen Räumen, noch früher einen Dönerladen. Das „Park Café" ist nur eine halbe Neueröffnung, früher gab es das Café ein paar Meter weiter in der Nähe des Theaters, bis der Mietvertrag dort auslief. Noch früher hatte Adrovic bereits eine andere Shisha-Bar in Mannheim. Das „Park Café" ist nur die jüngste von vielen Shisha-Bar-Neueröffnungen, die es in den vergangenen Jahren gab. Damir Adrovic kommt auf zehn oder elf Shisha-Bars in Worms, wenn er im Kopf durchzählt. Er empfindet das auch nicht als viel. In Mannheim, wo er früher schon mal eine Bar geführt hatte, sei es ein Vielfaches davon, so sagt er, und alle liefen gut.
Vielfaches des Nikotins einer herkömmlichen Zigarette
Die Shisha-Meile von Worms, das ist die Friedrichstraße hinter der Kaiser Passage. Hier reihen sich gleich drei Bars aneinander, darunter die „Mocca Café Lounge". Sie war vor etwa 15 Jahren die erste Shisha-Bar in der Stadt, erzählt Mehmet Dülger, der jetzige Inhaber. Er führt das „Mocca" seit mehr als zwei Jahren, früher hatte ihm eine andere Bar in Mannheim gehört. Auch im „Mocca" liegt süßlicher Rauch in der Luft, orientalische Rap-Musik dringt aus den Lautsprechern. Der Tresen ist in kühles Licht getaucht, die Sofas sind tiefviolett. Dülger sitzt mit den Brüdern Olcay und Okan Solak zusammen, sie gehören zur Stammkundschaft. Die Solaks sind eigentlich jeden Tag hier, sagen sie. Wenn sie in ihrem Handyladen Pause machen, kommen sie auch mal zur Mittagszeit vorbei. „Das hier ist der Stammtisch, hier sitzen nur unsere Leute", sagt Okan Solak. Jeder der drei hat seine eigene Wasserpfeife neben sich, jeder von ihnen hat seine eigene Lieblingssorte. Olcay Solak bevorzugt die Sorte „Türkischer Kaugummi", Okan Solak mag „Love 66" mit Wassermelonen-Geschmack. „Ich habe immer Minze", sagt Mehmet Dülger - ob man mal probieren wolle? Die Geschmacksvielfalt ist wohl eine Erklärung dafür, warum die Wasserpfeifen so populär sind. Wenn man die Shisha-Raucher fragt, was denn den Reiz ausmacht, dann kommt meist diese Erklärung.
Der Rauch der Wasserpfeifen schmeckt anders als das Nikotin der Zigaretten. Der süßliche Shisha-Rauch, mit Geschmäckern von Vanille über Waldmeister bis zu Gurke, er gaukelt einem vor, dass diese Art von Rauchen gesünder sei als Zigaretten. Das stimmt nicht, eine Shisha enthält das Vielfache des Nikotins einer herkömmlichen Zigarette. Trotzdem stehen die Shishas für eine andere Art des Rauchens, für eine eher entschleunigte Variante des Genusses - das sagen sie jedenfalls hier im „Mocca". „Eine Zigarette steckt man sich schnell mal an, man hat sie in zwei Minuten weggeraucht", sagt Okan Solak, der auch Raucher ist. „An einer Shisha hat man eine ganze Stunde was. Es bringt einen eher zur Ruhe, man sitzt mit Freunden zusammen und unterhält sich." Unter den Shisha-Rauchern seien schätzungsweise 80 Prozent Nichtraucher, meint Mehmet Dülger, der „Mocca"-Inhaber.
So sehen es auch Pia und Steffen, die zwei Tische weiter sitzen, ihren vollen Namen wollen sie nicht in der Zeitung lesen. Auch sie bezeichnen sich als Nichtraucher, jedenfalls auf Zigaretten bezogen. Shishas machen auch nicht so abhängig wie Zigaretten, findet Steffen - obwohl die beiden regelmäßig Shisha rauchen, im „Mocca" sind sie etwa drei- oder viermal die Woche. „Abends noch eine Shisha zu rauchen, das ist ein entspannter Ausklang nach einem langen anstrengenden Tag", sagt Pia.
Fachgeschäft für den persönlichen Shisha-Bedarf
Mittlerweile gibt es sogar ein eigenes Fachgeschäft für den hauseigenen Shisha-Bedarf. „Rauchklinik" heißt der Laden, er findet sich in der Kämmererstraße. In Glasvitrinen stehen Glaspfeifen in allen Größen und Preisklassen, für 50 oder für 180 Euro, mit Rauchsäulen aus Messing, Alu oder Edelstahl. Sogar eine „Travel-Wasserpfeife" gibt es, im handlichen Kleinformat mit zugehöriger Reisetasche, perfekt für den Urlaub. Fein aufgereiht stehen Köpfe aus Ton, Stein oder Silikon. Hinter der Kasse stehen Tabakdosen mit hunderten von Sorten.
Der Geschäftsführer, Emre Gedikoglu, kann einen in die Tiefe der Shisha-Wissenschaft einführen. Er kann erzählen, dass Shishas mit Messing-Säulen das beste Geschmackserlebnis bieten oder dass die Kohle aus gepressten Kokosnussschalen aus Indonesien hergestellt wird. Der Hype bestätigt sich, wenn man diesen Laden besucht. Gedikoglu ist seit 2003 im Shisha-Geschäft, damals eröffnete er die erste Shisha-Bar in Mannheim - überhaupt entsteht nach dieser Stichprobe der Eindruck, als ob der ganze Wormser Shisha-Trend aus Mannheim hierher geschwappt wäre. „Damals war dieser Boom noch gar nicht da", sagt Gedikoglu, „das ist ungefähr in den letzten drei Jahren entstanden."
Mittlerweile geht der Shisha-Trend von Worms aus: In seinem Laden, den er nun seit acht Jahren betreibt, kaufen nicht nur lokale Bars und Privatkunden ein. Mit dem dazugehörigen Onlinehandel liefert er deutschlandweit. Inzwischen beschäftigt er hier drei Angestellte. Vor Kurzem eröffnete er die zweite Filiale in Bensheim. Er hat viele Stammkunden. Viele, die zu ihm ins Geschäft kommen, begrüßt er mit Handschlag. „Es läuft gut bei uns", sagt Emre Gedikoglu. Er profitiert davon, dass sich viele eine eigene Shisha für zuhause zulegen. Der Grund sei der Preis, sagt er. „Wenn man sich ein Auto kauft, dann ist das eine einmalige Anschaffung. Danach bezahlt man nur noch den Sprit und die Versicherung." So sei das auch mit der Shisha. Nach der Anschaffung bezahlt man nur noch Kohle und Tabak, da käme man mit 1,50 Euro bis zwei Euro pro Kopf hin. In einer Bar sei man für zwei Shishas mit Getränken schon bei 17 bis 18 Euro. „Dafür kann man zuhause eine Woche lang rauchen."
Die Möglichkeit, mit seiner eigenen Shisha zuhause zu rauchen, ist eine Alternative für die Jugendlichen, die noch nicht volljährig sind und nicht in die Shisha-Bars gelassen werden. Zwar achte auch er streng auf den Jugendschutz, sagt Gedikoglu, aber dass die Jüngeren auch über andere Wege an eine Shisha kommen, ist unbestritten. Von den Schülern der Klassenstufen fünf bis zehn haben 22 Prozent schon einmal Shisha geraucht, sagt eine DAK-Studie aus dem vergangenen Jahr - jeder Fünfte also. Während immer weniger Jugendliche Zigaretten rauchen, während auch immer weniger Jugendliche regelmäßig Alkohol trinken, werden Shishas immer populärer. Statt Alkohol und Zigaretten ist die Shisha die neue Jugenddroge.