Kira Brück

Freie Journalistin und Autorin, Berlin

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Glücksbringer Beziehung? Geh weiter!

Beziehungsmenschen tun oft so, als sei ihr Pärchenweg der einzig wahre. Und als könnte man als Single unmöglich happy sein. Zeit, endlich die Wahrheit zu sagen, findet TNT Glitz Kolumnistin Kira Brück.

„Du hast keinen Freund? Eeeeecht?! Kann ich mir gar nicht vorstellen. Aber weißt du was, ich habe da so einen netten Single-Kumpel..." Na, wem kommt das bekannt vor? Meine Single-Freundinnen berichten immer häufiger, dass Wildfremde sie verkuppeln wollen. Einfach so, auf einer Party. Man kommt ins Gespräch, es stellt sich heraus, dass der andere aktuell keine Beziehung hat - und zack - wird gekuppelt. Als wäre das Singledasein an sich ein Zustand, den es schnellstmöglich zu beenden gilt. So wie Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Grippe.

Ehrlich, ich finde diesen Zwang, Teil einer Beziehung sein zu müssen, richtig verrückt. Weil es Singlemenschen das blöde Gefühl gibt, unvollständig zu sein. Als könnten sie mit sich selbst unmöglich glücklich werden. Deshalb spreche ich jetzt immer öfter ganz bewusst über die Nachteile der Liebe. Ich sage dann, wie es ist: Mit einem Freund hat man genauso viele Probleme wie ohne einen - nur eben andere ( Schwiegermutter!). Und untermauere meine Aussage mit einem Woody-Allen-Zitat: „Eine Ehe ist der Versuch, die Probleme zu zweit zu lösen, die man alleine nicht hat." Schließlich doziere ich weiter: „Das Leben mit Mann kann mühsam sein" und „Beziehungen sind in erster Linie ein großer Kompromiss. Und Kompromisse nerven." Die Schattenseiten der Liebe dürfen natürlich auch nicht unterschlagen werden: Eifersucht, Sehnsucht, Verlustängste und seine bildhübsche Ex, vor der man sich fürchtet.

Man könnte mich zu recht fragen: Warum bist du selbst nicht Single, wenn die Liebe so mühsam für dich ist? Na weil ich meinen Freund für den großartigsten, geistreichsten, schlausten und liebenswertesten Kerl auf der Welt halte. Und weil ich ihn auch noch turboheiß finde (wenn er vom Sport kommt). Er ist für mich wie eine Art Bonus, den mir das Leben spontan ausgezahlt hat. Oder wie die Sportfreunde Stiller es singen: die Süßwarenabteilung im Supermarkt. Trotzdem haben wir unsere Themen, streiten uns ganze Wochenenden durch, motzen uns an, nerven den anderen und wollen von Zeit zu Zeit alles hinschmeißen. Ich mache meinen Mädels da nichts vor: Ich bin glücklich, ihn zu haben. Aber wäre ich Single, könnte ich das Leben auch genießen. Weil ich ihn nicht für mein Glück verantwortlich mache.

Das ist vielleicht das ganze Geheimnis: Wir haben eine merkwürdige Logik, andere für unser Glück in Verantwortung ziehen zu wollen. Das kann natürlich nicht funktionieren. Und jemanden, der einem Zufriedenheit, tollen Sex, Geborgenheit und so weiter schenkt, den findet man nicht unter Druck. Denn - und das weiß jedes Kind - unter Angst und Druck trifft man die falschen Entscheidungen. Sie sind immer schlechte Berater. Das alles sage ich auch den Singlemädels. Und erinnere sie immer wieder daran, wie kompliziert und anstrengend das Zusammenleben mit einem Mann sein kann. Dann frage ich sie: „Willst du einfach nur einen Freund, weil alle gerade einen haben? So wie früher in der Grundschule, als alle Mädchen das Wohnmobil von Barbie wollten?"

Hatte man das pinke Wohnmobil endlich, fühlte man sich für kurze Zeit vervollständigt. Das Glück hielt genau zwei Wochen, dann wollte man schon wieder etwas anderes ganz dringend besitzen. So darf das mit der Liebe aber nicht laufen. Es muss jemand kommen, für den man bereit ist, Kompromisse zu machen. Für den man es gerne mit doppelten Problemen aufnimmt und mit dem man sich ganze Urlaube durchstreiten will. Bis dahin sollte man genießen, Single zu sein. Und diesen „Zustand" eben nicht wie eine üble Magen-Darm-Grippe bekämpfen.

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