Kira Brück

Freie Journalistin und Autorin, Berlin

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Jugendliche über Beziehungen: Ein Freund, ein guter Freund - SPIEGEL ONLINE

Jugendliche über Beziehungen: Ein Freund, ein guter Freund Wir haben Hunderte auf Facebook, aber nur einen besten: Freunde verstehen uns, sie jubeln, lachen und trauern mit uns. Mit ein bisschen Glück bleiben sie uns ein Leben lang erhalten. Im Jugendmagazin "Yaez" erzählen drei junge Erwachsene, wer zum Seelenverwandten taugt.

"Ich bin so froh, dich zu haben!" - schon mal diesen Satz von einem Freund gesagt, geschrieben oder gemailt bekommen? Es ist der schönste Satz der Welt. Weil er das "Ich liebe dich" eines wahren Freundes ist. Und meistens bedeutet so ein Satz, dass die Freundschaft sehr lange halten wird.

Aber bevor man sich so etwas sagt, muss man zusammen schon ein bisschen was erlebt haben: kennenlernen, beschnuppern, sympathisch finden. Etwas unternehmen, am Telefon quatschten und merken: Wir haben uns etwas zu sagen. Und dann kommt der entscheidende Moment, ob aus dieser Bekanntschaft tatsächlich Freundschaft wird.

Unterbewusst fragen wir uns: Kann ich dir vertrauen? Wir erzählen dem Freund in spe zum ersten Mal von einem Geheimnis oder einem Problem. Wie geht er oder sie damit um? Behält er es für sich? Erzählt er auch von seinen Sorgen und Ängsten? "Gegenseitiges Vertrauen ist der Beginn einer Freundschaft. Erst dann fühlt man sich miteinander richtig verbunden. Merkt man hingegen, dass man dem anderen nichts anvertrauen kann, bleibt es wohl bei einer oberflächlichen Bekanntschaft", erklärt Diplom-Psychologin Felicitas Heyne.

Jobs gehen, Freunde bleiben

Wir leben in einer Zeit, in der Individualismus das höchste Gut zu sein scheint. Auf Facebook versucht jeder, sich so originell und einzigartig wie möglich darzustellen. Feste Familienbande gibt es nur, wenn man Glück hat. Und dazu verlangt der moderne Arbeitsmarkt von uns, dass wir an drei Unis studiert haben und ständig für eine neue Arbeitsstelle umziehen.

Freunde sind vielleicht unsere letzte Konstante im Leben. "In unserer schnellen und technisierten Gesellschaft haben wir alle die Sehnsucht, Teil eines Teams zu sein, auf das wir uns hundertprozentig verlassen können", sagt Felicitas Heyne.

Doch dies zu finden ist gar nicht so einfach - in Zeiten knapper Studienplätze und weniger guter Jobs wissen manche vor lauter Leistungsdruck gar nicht mehr, wie Loyalität und Zusammenhalt funktionieren. Wahre Freundschaft wird da schnell zur Mangelware. Dabei brauchen wir Freunde zum Überleben - und zwar wortwörtlich: Studien haben herausgefunden, dass Menschen länger leben, wenn sie gute Freunde haben.

Erinnern wir uns an den Moment, in dem eine unserer Freundschaften entstand, fühlt sich das geradezu magisch an. Er ist ein Geschenk des Lebens an uns. Denn einen Freund kann man nicht kaufen, und er gehört auch nicht zur Familie. Er ist jemand, der sich aus freien Stücken dazu entschließt, uns zu mögen, wie wir sind - und uns in den schweren Momenten daran erinnert, wie großartig wir sind.

Gleich und gleich gesellt sich gern

Aber wie kommt es überhaupt dazu, dass man jemanden mag? "Ganz einfach: Je ähnlicher mir jemand ist, desto sympathischer ist er mir. Das können äußerliche Dinge sein wie der Kleidungsstil oder auch das gleiche Hobby. Wir brauchen das Gefühl: Da tickt jemand ganz ähnlich wie ich", meint Felicitas Heyne.

Aber wie ist es eigentlich mit Freundschaften zwischen Jungs und Mädels - können die überhaupt funktionieren? Schon der Philosoph Nietzsche meinte, dass eine gute Ehe auf dem Rezept der Freundschaft beruht. "Klar besteht immer das Risiko, dass es kippt und einer mehr für den anderen empfindet. Aber man sollte es trotzdem wagen, denn das positive Potenzial ist riesig. Sind Jungs und Mädels miteinander befreundet, bekommen sie immer auch eine andere Welt eröffnet."

Ach, und dann ist da noch das größte Argument für Freundschaft: Sie hält in vielen Fällen ewig - mit der Liebe ist das oft etwas schwieriger. Genau deshalb sollten wir alle viel öfter zu unseren Freunden sagen: "Ich bin so froh, dass es dich gibt!" Wenn wir Glück haben, sitzen wir noch als verschrumpelte 80-Jährige nebeneinander auf der Veranda und lachen darüber, wie viele Menschen im Laufe des Lebens gekommen und gegangen sind. Aber die wichtigsten bleiben bei uns - wenn wir sie lassen.


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