Sie sagt: "Ich fühlte mich von ihm verraten." Er fand ihre Ängste übertrieben und fühlte sich davon eingeengt. © Just - Schmidt/plainpicture
Ein paarmal war Christian Hofmann kurz davor, auszuziehen. Der ständige Streit zermürbte ihn und seine Frau Katrin*. Auf der anderen Seite waren da ihre fünf Kinder, ihre Ehe und eigentlich doch auch: Liebe. Doch während der war die immer weiter überschattet worden. "Wir wussten: Entweder lernen wir, mit unseren Konflikten umzugehen, oder wir werden uns trennen", erzählt Christian Hofmann. Sie entschieden sich für einen letzten Versuch: eine Paartherapie.
Die Corona-Pandemie war nicht die eigentliche Ursache für ihre Krise, sagen beide heute im gemeinsamen Gespräch per Video. Dennoch hat sie die Hofmanns fast ihre Ehe gekostet. Zum ohnehin stressigeren Alltag der Familie kamen Diskussionen über die Pandemie. Während Katrin Hofmann sich viele Sorgen machte, nahm ihr Mann die Situation weniger ernst. Sie sagt: "Ich fühlte mich von ihm verraten." Er fand ihre Ängste übertrieben und fühlte sich davon eingeengt.
Die Pandemie, die damit verbundenen Lockdowns und Herausforderungen, vor die vor allem Familien mit Kindern gestellt worden sind, hätten wie ein Brandbeschleuniger für Konflikte gewirkt, sagt Paartherapeut Christoph Uhl, der auch die Hofmanns berät. Insgesamt fünf Kinder im Alter zwischen drei und 16 Jahren hat das Paar, das jüngste ist ihr gemeinsames Kind. Katrin Hofmann hatte gerade wieder anfangen wollen zu arbeiten, als die Pandemie begann. Während Christian Hofmann immerhin jeden Tag zu seinem Job im Einzelhandel das Haus verlassen konnte, gab es für Katrin Hofmann nur noch die Organisation des Familienlebens und . Zermürbend? "Ich hab' die Krise bekommen", sagt sie. Das Paar stritt immer häufiger. Und während Katrin Hofmann die Dinge gerne ausdiskutieren wollte, ergriff ihr Mann meist die Flucht. "Vogelstraußtechnik", nennt es Katrin Hofmann, Kopf in den Sand.
Nicht nur die Hofmanns stecken in einer ganz persönlichen Corona-Krise. "Paartherapeuten erleben seit einigen Wochen einen deutlichen Anstieg an Anfragen um Unterstützung in coronageschädigten Beziehungen", sagt Uhl. Das bestätigt auch Bernd Böttger, Mitbegründer des Instituts für Paartherapie. Die Nachfrage habe zum Ende des zweiten Lockdowns zugenommen. Denn obwohl viele Menschen im Sommer langsam in ihren Alltag zurückkehrten, blieben häufig die Konflikte. Wie können Paare nun aus dem Notfallmodus hinein in eine gesunde Beziehung finden?
Während sich stabile Beziehungen nach einer Ausnahmesituation meist schnell wieder erholten, blieben in geschwächten Beziehungen oft grundsätzliche Probleme bestehen, sagt Uhl. Die Erkenntnis, ob man als Paar zur ersten oder zweiten Gruppe gehöre, sei auch eine Chance. Wer weiß, dass es ein Problem gibt, kann daran arbeiten. Für Paare, die sich in einer solchen Situation wiederfinden, hat der Paartherapeut konkrete Tipps:
Tipp 1: Der Beziehung wieder Priorität einräumen Viele Beziehungen krankten daran, dass sie im Laufe der Zeit an Priorität verlören, sagt Uhl. Es bringe ganz entscheidende Verbesserungen, wenn beide Partner ihre Beziehung als wichtigen und bereichernden Teil ihres Lebens wahrnehmen. Das könne bedeuten, einen festen Abend in der Woche für die Partnerschaft zu reservieren und schwierige Themen und nervenaufreibende Familienorganisation außen vor zu lassen, sagt Uhl. Es gehe auch darum, sich klarzumachen, dass die Beziehung eigentlich nichts ist, was andauernd Arbeit bedarf, sondern etwas ist, das Kraft gibt, sagt Uhl.
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