Das Haus mit der Adresse 1550 San Remo Drive, Pacific Palisades, Kalifornien, ist umgeben von Eukalyptus-Bäumen, Palmen und Oleander-Büschen. Die Namen der Straßen, die sich den Hügel hinauf winden, erinnern an Italien: Capri, Riviera, Amalfi.
Die Ruhe des Villenviertels wird unterbrochen vom Lärm einer Baustelle. In langen Schichten wird am Thomas-Mann-Haus gearbeitet. Die Eröffnung, zu der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier anreisen wird, steht kurz bevor
Nikolai Blaumer, Programmdirektor des Thomas-Mann-Hauses, führt an den Handwerkern vorbei ins Haus. Das Gebäude wurde nach dem Kauf im November 2016 komplett entkernt. Das Einfamilienhaus wird in eine Begegnungsstätte verwandelt, in der sich Gäste in separaten Apartments mit Gemeinschaftsküche und Arbeitsräumen aufhalten können.
Vom Hämmern, Bohren und Sägen der Handwerker unterbrochen zeigt Programmdirektor Blaumer zwischen freigelegten Holzwänden, über staubige Treppen steigend, wo sich im Exil lebende Künstler und Wissenschaftler mit US-Kollegen getroffen haben und wo der Schreibtisch des weltberühmten Schriftstellers stand, an dem auch dessen Roman "Dr. Faustus" entstand.
"In der Tat ist der Ort hier einer, von dem eine enorme Wirkung ausgegangen ist. Wahrscheinlich die wichtigste Stimme im deutschen Exil. Und von diesem überschaubaren Haus hat er Millionen erreicht."
Essays, Reden und Vorträge schrieb Thomas Mann am San Remo Drive und auch seine Ansprachen an das deutsche Volk, vom deutschen Programm der BBC ins vom Nazi-Regime beherrschte Deutschland ausgestrahlt:
"Das Unaussprechliche, das in Russland, das mit den Polen und Juden geschehen ist und geschieht, wisst Ihr, wollt es aber lieber nicht wissen, aus berechtigtem Grauen vor dem ebenfalls Unaussprechlichen: dem ins Riesenhafte heranwachsenden Hass, der eines Tages, wenn Eure Volks- und Maschinenkraft erlahmt, über Euren Köpfen zusammen schlagen muss."
An die Geschichte der intellektuellen Auseinandersetzung soll das Haus jetzt wieder anknüpfen. Frank-Walter Steinmeier unterstützte als Bundesaußenminister den Kauf und sprach von einem "Weißen Haus des Exils", in dem um "Wege zu einer offenen Gesellschaft gerungen und ein gemeinsames transatlantisches Wertefundament" erarbeitet wurde. Das soll Inspiration für die zukünftig hier residierenden Künstler und Wissenschaftler sein, erklärt Programmdirektor Nikolai Blaumer, gerade jetzt, wo die Kluft zwischen Europa und den USA politisch immer größer wird.
Der erste Fellow, der vom frisch renovierten Thomas Mann Haus aus den transatlantischen Dialog anregen wird, ist der Schauspieler Burghart Klaußner. Wichtig, so Programmdirektor Blaumer, wird es sein, Gespräche auch mit Menschen zu führen, die unterschiedlicher Meinung sind und einander widersprechen.
Erstmal ist aber etwas ganz anderes noch viel wichtiger:
"Im Moment ist es natürlich schon akut, dass dieses Haus fertig wird, um als Residenzort zur Verfügung zu stehen."