NIMBUS - Wolkenmusik im philharmonischen Treppenhaus von LA
Yuval Sharon mischt mit seiner Kompanie „The Industry“ die Opernszene von Los Angeles auf. Sein neustes Projekt ist eine Kollaboration mit der Philharmonie von Los Angeles. Kerstin Zilm war bei der Premiere von NIMBUS dabei.
Von der Parkgarage geht es nach oben in die Philharmonie - vier Stockwerke geradeaus hinauf zwischen kaminroten Wänden.
Unerwartet mischen sich Klänge in den Rhythmus der Rolltreppen-Endlos-Schleife.
Musik stehen lassen
Sie locken den Blick nach oben, von wo die Musik kommt. Dort hängen wolkenartige Gebilde aus grauem, flockigem Stoff, durch die Licht leuchtet - weiß, dann blau, dann gelb und rot. Plötzlich regnet ein Schauer von Xylophontönen auf die Rolltreppe nieder.
Musik
Für seine neuste Inszenierung NIMBUS wollte Opernregisseur Yuval Sharon Musik außerhalb des Konzertsaales visualisieren.
Das ist natürlich schwierig, weil Musik einfach in der Luft ist. Wie Wolken. Dann hab ich gedacht, vielleicht bauen wir einfach Wolken, als ob wir ein Fenster aufgemacht haben und die Wolken sind irgendwie rein gefahren, dass sie in der Luft hängen wie
Sharon ist bekannt für seinen Enthusiasmus, wenn es darum geht, Grenzen der eigenen Musik-Erfahrung zu überschreiten. Er ließ 32 Lautsprecher in die Wolken und Bewegungsmelder in der Rolltreppe installieren und entwickelte mit Komponist Rand Steiger NIMBUS.
Musik
Inspiriert sind Inhalt und Form von Rainer Maria Rilkes Duineser Elegien, erklärt Yuval Sharon, besonders der letzten Strophe der zehnten Elegie über das steigende und fallende Glück.
Es geht nur um Steigen und Fallen. Das ist auch der Kern aller Musik. Es ist ein Steigen und Fallen von Tönen und Intensität. Das wollten wir insgesamt als Bewegung der Installation.
Die Musik ist eine Mischung aus aufgezeichneten Klängen der Philharmoniker, Klangatmosphären, Stille und Live-Gesang der Mitglieder von Sharons Avantgarde-Open-Ensemble „The Industry“. Sie bewegen sich singend und rezitierend in Zeitlupentempo und scheinbarem Endlos-Loop zwischen Besuchern auf der Rolltreppe.
Für die Philharmonie ist NIMBUS eine Herausforderung - künstlerisch und logistisch. Die Inszenierung ist genau das, was sich das Haus von der Zusammenarbeit mit Yuval Sharon erhoffte. Der inoffizielle Titel des Regisseurs ist Störenfried-in-Residenz, erklärt Nathan Bachhuber, Leiter der künstlerischen Abteilung in der Philharmonie:
Als musikalische Institution müssen wir uns ständig selbst neu erschaffen. Wir wollen, dass Yuval uns zwingt, alles aus neuer Perspektive zu sehen, uns über unsere Grenzen hinaus drängt. Das tut er mit dieser Inszenierung und deshalb ist er so wertvoll für uns.
Die künstlichen Wolken und die daraus in den öffentlichen Raum aufsteigenden und herab fallenden Töne werden ein Jahr lang rund um die Uhr über den Rolltreppen schweben, an manchen Tagen durch Live-Vorstellungen mit den Mitgliedern des Industry-Opern-Ensembles ergänzt.
Yuval Sharons Premiere ist schon jetzt über Erwartungen hinausgewachsen - auch über die des Regisseurs selbst:
Ich habe das gedacht als Ouvertüre. Etwas relativ kleines, hoffentlich spannendes aber relativ klein und relativ einfach. Beim Tun war es weder einfach noch klein. Es ist ziemlich einzigartig für eine Institution wie die Philharmonics diese Risikofreude zu haben.
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