Von Kerstin Zilm
Drei Klammern setzen Neonazis um die Namen jüdischer Journalisten, um sie im Netz zu diskreditieren. (Deutschlandradio Kultur)
US-Neonazis setzen die Namen jüdischer Journalisten bei Tweets in drei Klammern. Wer so gekennzeichnet wird, empfängt jede Menge antisemitischer Nachrichten. Die Spur der Urheber dieser Diskriminierung führt auch zu Präsidentschaftskandidat Donald Trump.
Der erste Tweet schien harmlos: "Hello Weisman" wurde Jonathan Weisman, Journalist der "New York Times", angeschrieben, sein Name in mehreren Klammern geschrieben. "Willst du erklären, was das soll?", fragte Weisman zurück. "Es ist eine Hundepfeife, Idiot!", kam die prompte Antwort. "Um meine nichtjüdischen Brüder aufzuwecken!"
Weisman war zur prominenten Zielscheibe des sogenannten "Echos" geworden, einem Symbol der US-Neonazis, mit dem sie Juden brandmarken. Rabbi Marvin Hier, Mitbegründer des Simon Wiesenthal Zentrums in Los Angeles:
"Ich habe vor ein paar Monaten zum ersten Mal davon gehört und war schockiert. Ob man es 'Echo' nennt, Klammern oder sonst was - es ist Antisemitismus des 21. Jahrhunderts. Das ist der richtige Name dafür. Sie trauen sich nicht, ehrlich zu sagen, was sie denken, weil sie Angst haben, von der Gesellschaft ausgestoßen zu werden. Die Wahrheit ist: Es sind Judenhasser."Kaum war Weisman mit Klammern gebrandmarkt, füllte sich sein Twitter-Konto mit antisemitischen Nachrichten: Fotos von Auschwitz, einem offenen Gasherd, Hitler, dazu Beschimpfungen und Beleidigungen.
Die Website "Mic" führt das "Echo"-Symbol zurück auf den ultrarechten Podcast "The Daily Shoah" des Blogs "The Right Stuff". Der unterlegt jüdische Namen mit "Echo"-Effekt.
"Sie wollen Juden in Verruf bringen"Die "Right Stuff"-Redaktion erklärte "Mic", die innerste Klammer stehe für die jüdische Zerstörung von Haus und Familie durch Dominanz der Massenmedien und die mittlere für Zerstörung der Nation durch Masseneinwanderung. Die äußere Klammer repräsentiere internationalen Zionismus. Für Rabbi Hier ist es eine moderne Version von Jahrtausende altem Antisemitismus, die im Keim erstickt werden muss.
"Wenn wir nicht reagieren und nicht aufpassen, wird das Phänomen immer größer. Antisemiten erfinden sich permanent neu. Sie haben neue Methoden und neue Ansätze. Die Botschaft bleibt gleich: Sie wollen Juden in Verruf bringen."Als Zeichen dafür, dass er sich von den Drohungen nicht einschüchtern lässt, re-tweetete der "New York Times"-Reporter Weisman antisemitische Posts und setzte seinen Namen im Twitter-Profil in "Echo"-Klammern. Andere Journalisten solidarisierten sich mit ihm und taten dasselbe. Dann schloss Weisman sein Twitter-Konto.
"Ich überlasse Twitter den Rassisten und Antisemiten"Die Plattform hatte auf konkrete Beschwerden geantwortet, keiner der antisemitischen Beiträge verstoße gegen Regeln des Netzwerks. "Ich wechsle zu facebook, wo Leute zumindest Klarnamen verwenden und ihren Hass nicht hinter erfundenen Charakteren verstecken", schreibt Weisman in seinem letzten Tweet. Und weiter:
"Ich überlasse Twitter den Rassisten und Antisemiten."
Rabbi Hier vom Simon Wiesenthal Zentrum fordert von Twitter, facebook und Co., mehr Verantwortung zu übernehmen.
"Sie müssen aggressiver vorgehen. Natürlich ist Redefreiheit wichtig, aber es gibt freie Rede, die zu weit geht. Wir alle müssen uns dagegen wehren, indem wir die Menschen dahinter bloßstellen und sie bei dem nennen, was sie sind: Hetzer und Antisemiten. Sie dürfen nicht damit davonkommen." Zum Original