Vor der Kapelle brummt der Friedhofsgärtner auf einem Aufsitzrasenmäher herum. Ein riesiges weißes Kreuz markiert den Eingang. Christiane Holze kommt fast jeden Tag. Jetzt geht sie mit ihrem Mann und Sohn Titus die wenigen Schritte bis zum Grab ihres Sohns.
Tilman Holze
*30.01.1993
†19.03.2017
Chinaschilf biegt sich im Wind, Sonnenhut blüht gelb, an der Zierkirsche neben dem Grabstein baumelt eine Solarleuchte. „Richtig Tilman wäre, wenn zwei Laserstrahlen bis ganz nach oben leuchten würden“, sagt Titus, der Jüngste, er ist 24 Jahre alt. So alt wie sein großer Bruder wurde.
Mit 16 zieht Tilman das erste Mal an einem Joint. Es entspannt ihn – den, dem die Welt oft zu bunt ist, zu laut. So beginnt es. Tabletten, Speed, Opiate, zum Schluss Fentanyl. Es gibt kaum einen Stoff, den er nicht probiert. Überdosis, so endet es.
Zurück bleibt eine Familie. Wie geht sie mit dem Verlust um?
Laut dem aktuellen Drogenbericht haben in Deutschland rund 3,7 Millionen Erwachsene und mehr als 360.000 Jugendliche in den vergangenen zwölf Monaten Cannabis konsumiert. Es ist die beliebteste unter den illegalen Drogen. Und manchmal ist sie der Einstieg in den Abgrund.
Wenn in Deutschland Menschen an Drogen sterben, sind sie im Schnitt jünger als 40. Im Jahr 2021 waren es 1.826 Menschen. Die Zahl steigt seit vier Jahren. Allein in Nordrhein-Westfalen starben im vergangenen Jahr 693 Menschen an Drogen. Es war der höchste Wert seit über 20 Jahren.
Christiane Holze sagt, sie wolle nie wieder etwas anderes tragen als Schwarz. Auf dem blauen Ledersofa schlägt sie die Beine übereinander. Schwarzes Kleid, schwarze Strumpfhose, schwarze Ballerinas. Ihre Haare leuchten weiß.