Katja Edelmann

Freie Redakteurin. Kommunikationswirtin (FH), Speyer (Rhein-Neckar)

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Mückenbekämpfung am Oberrhein noch zeitgemäß?

Foto: Rheinpfalz

Anfang September befragte ein Team der Universität Koblenz-Landau 600 Haushalte von Speyer bis Neuburg am Rhein an der Haustür, was sie von der bisherigen Methode der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS) halten. Finanziert wird das Forschungsprojekt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Dr. Carsten Brühl vom Landauer Institut für Umweltwissenschaften will damit hinterfragen, ob die Menschen den Einsatz des Biozids BTI für zeitgemäß halten. „KABS behandelt nicht die Mücke auf dem Balkon oder im Schlafzimmer, sondern alle Mücken in allen Feuchtgebieten in der Oberrheinebene“. Der Ökotoxikologe kritisiert mit der Studie sowohl die mangelnde Debatte darüber als auch die fehlenden Alternativen. Die Mückenbekämpfung erreicht zu 90 Prozent Naturschutzgebiete. Dort leben Brutvögel und andere Mückenarten, die wichtig in der Nahrungskette sind. Das sei manchen Befragten nicht klar gewesen. Jüngere wussten häufig nichts über KABS. Brühls Team fragte, wo und wann sich die Anwohner draußen aufhalten und inwieweit sie sich belästigt fühlen. „Der größte Teil der Menschen geht bei Dämmerung nicht in den Rheinauen spazieren. In den Schlafzimmern schützen sich die Menschen mit Fliegengittern. Die meisten fühlen sich auf der Terrasse belästigt“, berichtet Brühl von ersten Ergebnissen. „Wir hinterfragen mit der Studie, ob es richtig ist, deshalb die ganze Umwelt mit BTI zu behandeln. Das ist Ansatz aus den 50er, 60er Jahren“. Mit der Frage nach umweltverträglicheren Alternativen bewegt sich der Forscher auf politisch dünnem Eis. Von älteren Bürgern und den Medien werde die KABS als „jährlicher Heilsbringer“ gesehen. Zudem verbreiten Berichte über die Stechmücke als Überträger tropischer Krankheiten seiner Meinung nach unbegründet Ängste. Politiker ignorieren das Thema, um nicht den Eindruck zu erwecken, die Mückenbekämpfung abschaffen zu wollen. Brühl geht es um Alternativen. „Wenn das System etabliert ist, gibt es leider keinen Anlass für Innovation. Doch jede Technik hat ein Verfallsdatum.“, sagt Brühl. Als Alternative hat das Forschungsteam den Rhein-Anwohnern in der Umfrage mit CO2 wirkende Mückenfallen vorgeschlagen, die einem Mülleimer ähneln und auf dem Balkon positioniert werden. Auch die Zahlungsbereitschaft dafür wurde abgefragt.  In einer Gemeinde werden die Mückenfallen in diesem Jahr getestet. Das Forscherteam wird die Ergebnisse in den nächsten Monaten auswerten und Gemeinden Workshops anbieten.





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