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Botox adé - Jetzt kommt das Vampir-Lifting

Schaurig schön: Behandlung mit Eigenblut

Vampir- oder auch Plasma-Lifting ist eine blutige Angelegenheit, trotzdem schwört halb Hollywood auf den Anti-Aging-Trend mit körpereigenem Blut-Plasma. Sogar gegen lichtes Haar soll es helfen. 


Von Kathrin Stangl


Supermodel Bar Rafaeli tut es, Reality-Sternchen Kim Kardashian auch. Und selbst Stars wie Demi Moore und Kylie Minogue wurden angeblich schon beim Vampir-Lifting gesichtet. Die neue Trendbehandlung gegen Falten klingt zwar wie aus einem schlechten Horrorfilm, ist aber weit weniger grausam, als sie sich anhört.


Bei diesem Beauty-Treatment wird zwar tatsächlich Blut abgenommen, jedoch nur in kleinen Dosen von bis zu 20 Millilitern. Das Eigenblut wird anschließend so aufbereitet, dass nur das gelbliche Blutplasma mit Thrombozyten und Wachstumshormonen übrig bleibt. "Diese funktionieren wie kleine Befehlsgeber, die Regenerationsprozesse in der Haut anregen und das Bindegewebe stimulieren", erklärt Schönheitschirurg Wolfgang Funk, der in seiner Münchner Klinik regelmäßig sogenannte Vampir- oder auch Plasma-Liftings durchführt.


Die Gefäße werden erneuert, die Kollagen- und Elastin-Produktion wird angeregt und neues Bindegewebe gebildet. Und das alles nur mit Hilfe des eigenen Blutes? "Plasma ist ein natürliches Füllmaterial, das ähnlich wie Hyaluronsäure wirkt. Das Volumen der Haut wird um fast 100 Prozent verdickt", sagt der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie.


Botox-Masken-Look vermeiden

"Man muss sich das so vorstellen: Bei einem jungen Menschen ist die Haut dick und aktiv. Im Alter wird sie dünn, die Aktivität lässt nach." Genau da setzt die Vampir-Lifting-Behandlung an und hilft der Haut, sich selbst zu regenerieren: Sie wirkt frischer, straffer und bekommt mehr Stabilität. Außerdem ist sie besser vor schädlicher Sonneneinstrahlung sowie Bakterien und Viren geschützt. Und das Beste: Man behält die volle Kontrolle über seine Mimik und vermeidet den Botox-Masken-Look.


"Wir sind heute schon viel weiter als Botox und Hyaluronsäure. Der Trend geht in der Medizin eindeutig zu den natürlichen und präventiven Methoden", weiß Funk. Beim Vampir-Lifting werden ausschließlich körpereigene Stoffe verwendet, die vom Organismus besser aufgenommen werden können und medizinisch unbedenklich sind, so der Schönheitschirurg.


Auch Nicole David, Fachärztin für Neurochirurgie, behandelt ihre Patienten mit der "Dracula"-Methode. Nach der Trennung des Eigenblutes bleibt ein Thrombozyten-Konzentrat, das sogenannte Platelet Rich Plasma (PRP), übrig. Dieses wird dann in die Haut injiziert. "Bei der klassischen Methode mit Verwendung einer sehr dünnen Injektionsnadel benötigt man circa 20-50 Einstiche im Gesicht", erklärt die Ärztin, die gemeinsam mit ihrem Mann in Fulda die "Praxis Contour" leitet. Wird hingegen mit dem Dermapen gearbeitet - einem Nadelstempel, der mit dem Plasma beladen wird - dann werden pro Ansetzen des Stempels gleich mehrere Einstiche auf einmal ausgeführt.


Mit unzähligen Nadelstichen malträtiert

Die kleinen Nadelstiche werden punktuell unter die sichtbare Oberhaut gesetzt oder für den Volumenaufbau auch flächig direkt unter die Falten gespritzt. "Da jedes Gesicht einzigartig ist, und damit auch die Faltentiefe sowie die Erschlaffung der Haut, ist die Anzahl der Einstiche entsprechend unterschiedlich", sagt Nicole David.

Mit unzähligen kleinen Nadelstichen malträtiert zu werden, das muss doch schrecklich wehtun? "Die Schmerzen sind durchaus tolerabel", versichert die Neurochirurgin. Vorher eine Ibuprofen-Tablette oder etwas Arnica und die lokale Betäubung mit einer Anästhesiecreme machen das Verfahren ertragbar. Eine spezielle Eismaske nach der Behandlung soll größere Schwellungen oder Blutergüsse verhindern.


So wie sich Kim Kardashian oder Bar Rafaeli nach dem Plasma-Treatment auf ihren Instagram-Fotos zeigen - das ganze Gesicht voller Blut, wie in einem Horrorfilm - verlässt also niemand die Praxis. "Unsere Patienten sehen nicht ,blutverschmiert' aus. Mit einer sterilen Kompresse wird jeder austretende Blutstropfen sofort abgewischt", erklärt Nicole David. Also alles nur Show der Promis, um etwas mehr Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken zu bekommen?


Dennoch bleibt aber das Risiko einer Infektion durch Entzündungen. "Denn durch die kleinen Nadelstiche wird natürlich die Haut auch verletzt", sagt Mediziner Wolfgang Funk. Ein kleiner Sofort-Effekt ist direkt nach der Behandlung zu sehen. Die Haut wirkt voluminöser. Das Ergebnis in seiner ganzen Komplexität sieht man aber erst nach zwei bis drei Monaten.


Eine Sitzung kostet zwischen 500 und 1000 Euro

Das Bindegewebe festigt sich, kleine Fältchen verschwinden. Eine solche Eigenblut-Behandlung beim Dermatologen oder Schönheitschirurgen dauert insgesamt 30 Minuten (inklusive Blutentnahme, Trennung und Rückführung des Plasmas).

Eine Sitzung kostet zwischen 500 und 1000 Euro und ist damit deutlich teurer als eine Botox-Behandlung, die es schon zwischen 100 und 400 Euro gibt. Insgesamt benötigt man drei bis vier Treatments. Danach reichen jährlich ein bis zwei Behandlungen zur Auffrischung. "Wer den Falten ein Schnippchen schlagen will, sollte aber bereits ab Mitte 20 präventiv mit der PRP-Behandlung beginnen", rät Funk.

Wer sich zum Beispiel im Sommer die Haut stark verbrannt hat oder allgemein unter sehr trockener Haut leidet, kann diesen Schäden mit Hilfe des körpereigenen Plasmas entgegenwirken. Für ältere Frauen ist das Vampir-Lifting vor allem in Kombination mit anderen Treatments ratsam.


Ab Mitte 30, Anfang 40 empfiehlt es sich, die Eigenblut-Injektion gemeinsam mit der sogenannten Needling-Methode durchzuführen. Zweierlei Behandlungen, die in Kombination aber einen besseren Sofort-Effekt versprechen.

Grundsätzlich geht man beim Needling genauso vor wie beim Vampir-Lifting, doch konzentriert man sich dabei speziell auf die Haut statt auf das Gewebe unter der Haut. Der Fokus liegt dabei also viel mehr auf der Farbqualität der Haut, während es beim Plasma-Lifting vor allem um die Wiederherstellung von Volumen geht.


Die Behandlung mit Eigenblut ist für jeden Hauttyp, und für Männer ebenso wie Frauen geeignet. Lediglich Patienten, die sich wegen einer Chemotherapie in ärztlicher Behandlung befinden, unter einer Autoimmunerkrankung leiden oder blutverdünnende Mittel einnehmen, sollten auf die natürliche Hautstraffung mit Blutplasma verzichten.


Wunderwaffe gegen lichtes Haar

Und: Das Vampir-Lifting lässt nicht nur den Teint frisch erstrahlen, angeblich soll es auch bei lichtem Haar als Wunderwaffe wirken. "Gerade bei Haarausfall, hinter dem keine Erkrankung steckt, hilft die ,Dracula'-Therapie hervorragend", sagt Neurochirurgin Nicole David.


"Sowohl männliche als auch weibliche Patienten profitieren durch die Stimulation der Haarwurzeln und das Neuwachstum der Haare." Allerdings sind auch hier mehrere Sitzungen nötig, bevor man ein erstes Ergebnis sehen kann.

Aber wer weiß, vielleicht posten in Zukunft dann ja auch männliche Stars wie Prinz William oder Jude Law ihre Vampir-Lifting-Bilder. Denn ganz egal ob Falten oder Haarausfall: Schließlich kämpfen nicht nur Frauen gegen das Älterwerden.


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