Lieblingsnürni: Daniela Schlegl
„Total langweilig“ charakterisiert Daniela Schlegl ihre Biografie – dabei hat die 49-Jährige Nürnbergerin allein in den letzten fünf Jahren mehr Aufregung und Action erlebt als viele andere ihr Leben lang. Aber von vorne: Geboren, aufgewachsen und – total langweilig! – immer geblieben ist Schlegl in Nürnberg. 25 Jahre St. Leonhard, dann ab ins Altstadtzentrum, nachdem am Reißbrett die Ausbildung zur technischen Zeichnerin absolviert ist. Kurz darauf wird das zu fad, es folgt ein Sprung ins kalte Wasser und der Quereinstieg in die IT-Branche („das war damals noch ohne Weiteres möglich“), der sie bis heute als „Product Owner“ eines großen Bankunternehmens treu geblieben ist – und die ihr versehentlich einen neuen Weg geebnet hat. Seit 2008 ist Daniela Schlegl in der queeren Szene Nürnbergs aktiv, hat mit „Tussi Total“ eine der (auch heute noch) wenigen Partyreihen für Frauen ins Leben gerufen. Für Frauen, sagt sie, brauche es nach wie vor mehr Sichtbarkeit – das gelte gesamtgesellschaftlich genau so wie für das queere Leben, in dem „Schwule einfach präsenter sind.“ Tussi Total, z. B. zu Fasching, dem „Dyke March“ oder beim gelegentlichen „Take Over“ sei deshalb ein Angebot für Flinta* (Frauen, Lesben, Inter, Non-Binary, Trans und agender*) und deren Freunde. 2018 möchte Daniela Schlegl, die früher schon als Vorständin des einzigen schwul-lesbischen Sportvereins der Stadt „Rosa Panther“ aktiv war, für den CSD „eigentlich nur einen Stand für meine Bank organisieren“ – und „ist dann einfach beim Verein hängengeblieben.“ Vier Jahre hat sie als Vorständin das Rahmenprogramm des CSD Nürnberg organisiert, die „Prideweeks“ von wenigen Tagen und Programmpunkten auf über zwei Wochen mit über 80 Veranstaltungen erweitert. Mit über 5000 Teilnehmenden und vielen bunten Plakaten sorgt der CSD für Sichtbarkeit. „Das ist schon gut“, sagt Daniela Schlegl bescheiden, und dass es jetzt aber auch mal reicht mit Engagement und Vorstandstätigkeit. Und dann? „Erstmal Wohnung renovieren.“ Klingt gar nicht so langweilig.
1. Kleine Pause oder große Auszeit: meinen Ruheort in Nürnberg finde ich hier: Ich sitze gerne entspannt bei einem Milchkaffe am Hans-Sachs-Platz und beobachte Menschen. Früher im Café Sachs, heute auf der anderen Straßenseite. Zur Entspannung mitten in den Trouble? Das stimmt natürlich, aber wer den ganzen Tag im Homeoffice sitzt, kann zur Abwechslung schon mal ein paar Menschen vertragen.
2. Einen Tag lang Tourist in der eigenen Stadt sein? Dann mache ich in Nürnberg folgendes: Zu Fuß von der Burg runter durch die Weißgerber Gasse – dieses unvergleichlich schöne Sträßchen, das im Gegensatz zum Rest der Stadt so urtümlich erhalten ist. Dann entlang der Pegnitz zu den Hesperiden-Gärten spazieren und danach ein kühles Getränk in einer der tollen Nordstadt- oder Johanniskneipen trinken. Meine Anlaufstelle: das Café Fatal.
3. Feiern kann ich in Nürnberg besonders gut hier: Natürlich bei „Tussi Total“ – der frischesten Frauenparty der Stadt. Die habe ich 2008 gemeinsam mit einer Freundin ins Leben gerufen, weil es kaum Feierorte und Safe Spaces für Frauen gab. Seitdem veranstalten wir regelmäßig an wechselnden Orten – ich bin als Veranstalterin und DJane dabei. Wer auch mal dabei sein will: Am 10. Februar gibt’s Tussi Total-Fasching im Literaturhauscafé!
4. Diese Nürnberger „Ecke“ hat es mir angetan: Ich bin in St. Leonhard verwurzelt und finde es hier immer noch super schön, bedaure aber, dass das Viertel sich in puncto Lebensqualität sehr verändert hat. Stichwort „Handyladen statt Eisdiele“. Dafür liebe ich die Altstadt, wohne mittendrin und finde den Mix aus Fachwerkhäusern, Brücken und das rege Treiben der vielen Besucher*innen und unterschiedlicher Kulturen einfach toll.
5. Nürnberg ist für mich Spielwaren, Lebkuchen, Bratwurst, Dürer und … eine offene Stadtgesellschaft in der man sich auch als queerer Mensch wohl fühlt. Das ist nicht selbstverständlich. Schiefe Blicke und Diskriminierungserfahrungen gibt es aller Modernität und Aufklärung zum Trotz überall – hier ist mir noch nichts widerfahren, und das macht mich irgendwie stolz. In der Stadt gibt es eine tolle queere Community und viele tolle Anknüpfungspunkte.
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