Lieblingsnürni: Dr. Ronen Steinke
Antisemitismus, Jüdische Geschichte, Rechtsextremismus und Klassenjustiz – dass
Ronen Steinke sich zu sehr um die leichten Themen des Lebens kümmern würde,
kann dem Juristen, Journalisten und Buchautoren sicher nicht zum Vorwurf
gemacht werden. Geboren und aufgewachsen in Nürnberger Süden studiert Steinke
nach der Azubi-Zeit im Jugendgefängnis Jura in Hamburg. Die ersten, gleichwohl
gewichtigen Gehversuche führen ihn an den internationalen Strafgerichtshof, wo
die Verbrechen des Jugoslawienkriegs verhandelt werden. Als Journalist der
Süddeutschen Zeitung schreibt der promovierte Jurist über Völkerrecht,
recherchiert in Afrika, dem Nahen Osten und in internationalen Gerichtssälen,
wo Ronen Steinke den Kriegsverbrecher Radovan Karadžić interviewt. In seinen Büchern
wie „Fritz Bauer“, „Antisemitismus in der Sprache“ oder „Vor dem Gesetzt sind
nicht alle gleich“ setzt sich der 38-Jährige mit Strafe, Recht und Unrecht oder
wie im aktuellsten Buch „Verfassungsschutz. Wie der Geheimdienst Politik macht“
der Bedrohtheit der Demokratie in Deutschland kritisch auseinander. Für seine
Arbeit wurde Ronen Steinke bereits mehrfach ausgezeichnet und zuletzt als
„Journalist des Jahres“ in der Kategorie Politik geehrt. Ronen Steinke lebt in
Berlin – wo er beim Blick aus dem Fenster den Nürnberger Reichswald vermisst.
1. Einen Tag lang Tourist in der eigenen Stadt sein? Dann mache ich in Nürnberg folgendes:
Mal gar nichts zu tun haben, bloß den Tag vertrödeln, das würde ich wahrscheinlich mit einer Decke und zwei Zirndorfer auf der Wöhrder Wiese beginnen. Dann: in der Sonne einschlafen. Und dann sehr gerne: von vorne.
4. Nürnberg hat viel Geschichte – aber an diesem Ort hat die Stadt für mich Zukunft:
Als ich in Nürnberg aufwuchs, als Kind in der jüdischen Gemeinde, war unsere Synagoge in einem Altenheim beheimatet, war winzig und schrumpfte. Heute wächst sie. Und vor kurzem ist in der Arno-Hamburger-Straße beim Nordostbahnhof sogar der Grundstein für einen jüdischen Kindergarten gelegt worden, der für alle Religionen offenstehen soll.
5. Feiern kann ich in Nürnberg besonders gut hier:
In der Desi, Brückenstraße 23 in Gostenhof. Wegen der DJs und Bands, aber auch wegen des zugewucherten Gartens mit Sprühfläche und Freiluftkino, in dem man sich verlaufen kann – oder so tun, als habe man sich verlaufen, und für eine Zeit verschwinden.
6. Diese Nürnberger „Ecke“ hat es mir angetan:
Das ist zwar nix Räumliches, aber eine Ecke im Äther, die ziemlich einzigartig ist: Radio Z. Wann immer ich nach Nürnberg reinfahre, drehe ich das Autoradio auf. Frequenz: 95,8 fm. Lappländischer Punkrock, italienischer Hiphop, neuseeländische Chansons. Niemand verdient damit Geld, der ganze Sender ist nonkommerziell. L-I-E-B-E.
7. Nürnberg ist für mich Spielwaren, Lebkuchen, Bratwurst, Dürer und …
NS-Geschichte. Das können wir uns nicht ersparen, sorry. Dürfen wir uns auch nicht ersparen. Das ist, wenn ich durch die Welt reise, das Erste, was Menschen zu Nürnberg einfällt. Und das Bewusstsein dafür wächst auch bei mir mit den Jahren. Die Nürnberger Prozesse immerhin waren der Beginn von etwas Gutem. Recht, nicht Rache. Am Original-Ort in der Fürther Straße gibt es heute sehr gute Ausstellungen und Tagungen.
Zum Original