Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Momoshi und Sing for Hope

Ein Klavier, viele Farben und noch viel mehr strahlende Kinderaugen: Die Mal-Aktion des Nürnberger Künstlers Momoshi im Fürther City Hostel vor gut einer Woche war der vorläufige Höhepunkt einer längeren Planung – und stellt im besten Fall den Beginn einer großen Reise und Friedensmission dar.

Momoshi, den kennt nicht nur die mittelfränkische Region für seine bunten Traumwelten und „Momoshis“, wie seine charakteristischen Figuren heißen. Auf Teneriffa hat der Künstler eine zweite Heimat, auf Teneriffa erlebte er entsetzt den Beginn des Ukraine-Kriegs. „Ich saß da und dachte mir: Keiner macht was, warum macht denn keiner was?“ Künstlerisch aktiv werden, Zeichen setzen, Solidarität bekunden, das Naheliegende halt! Schnell war eine Idee ersonnen: Wechselnde Künstler aus der Region, ein großer Projektor und eine weltbekannte Burg als Projektionsfläche für Bilder – dazu ein Klavier und Friedenslieder. Nicht irgendein Klavier, sondern, erzählt Momoshi, nach hochkarätigem Vorbild der News Yorker Charity-Organisation „Sing for Hope“ (SFH): Ein 2006 von bengalischen Friedensnobelpreisträger Mohammad Yunnus gegründeter Zusammenschluss hochkarätiger US-amerikanischer Honoratioren, dessen Mitgliedsliste sich liest wie ein Who-is-Who der Musik-, Wirtschafts- und Kreativszene von Apple-Vorstand Andrea Jung über Star-Tenor Andrea Bocelli bis Oscar- und fünffache Grammy-Preisträger Jon Batiste. Die Mission: Mithilfe von Kunst Farbe und Frieden in die Welt bringen, von Künstlern gestaltete Pianos der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, Spendengelder für z. B. Kinderhilfseinrichtungen akquirieren. 2018 lernt Momoshi SFH als ausgewählter Künstler beim „Global Social Business Summit“ in Wolfsburg kennen – und hält bis heute Kontakt. (siehe auch: https://singforhope.org/piano/global-social-business-summit/) Das in Nürnberg, der Stadt der Menschenrechte, wie gut wäre das? Doch die Stadt winkt ab: Man sei nicht New York. Momoshi wendet sich an SFH – und erntet Begeisterung! „Die fanden das großartig!“, erzählt Momoshi vom Telefonat mit Sopranistin Camille Zamora. Die US-amerikanische Mission ausweiten, ein Pendant in Europa schaffen, Nürnberg als Mittelpunkt! Während Momoshi von Teneriffa aus überlegt, die Idee weiterspinnt, sammeln sich mehr und mehr Menschen in Nürnberg zu Friedensdemos am Kornmarkt. Hier, denkt der Künstler, könnte man das starten – und wendet sich an die Organisatoren, die begeistert zusagen. Doch die bürokratischen Mühlen mahlen langsam, und am 30. April ist zwar Momoshi in Nürnberg, von einem zu bemalenden Klavier jedoch fehlt jede Spur. Die Aktion platzt. Der aber statt aufzugeben einfach weitermacht: Das Ergebnis war Anfang Mai auf der Nürnberg-Fürther Stadtgrenze zu sehen. Hier, in der Kurgartenstraße, steht das Momoshi World Hostel (eigentlich City Hostel Fürth), doch kunterbunt und launig in Farben, Formen und Fantasie gehüllt. Und seit einigen Wochen Interimsheimat für zahlreiche ukrainische Flüchtlingskinder und deren Mütter, die hier einen vorläufigen Unterschlupf gefunden haben. „Die Lösung lag für mich auf der Hand“, sagt der Künstler: „Ich organisier mir irgendwoher ein Klavier und gestalte das mit den Kindern!“ Gesagt, getan. „Ein großes Durcheinander und Farbe zentimeterdick“, erzählt Momoshi und lacht: vor allem aber „so viel Spaß und Glück.“ Das spornt ihn an, inspiriert ihn zum Weitermachen: „Die Kinder sind leider sehr vernachlässigt, ich gebe ihnen jetzt regelmäßig Malunterricht.“ Hauptanliegen sei es, die Kinder nicht einmalig zu unterhalten, sondern dass man sich längerfristig durch kreative Aktivitäten um sie kümmere. „Andere Künstler sind herzlich eingeladen, mitzumachen!“ Der Nürnberger Ur-Plan stehe auf wackligen Füßen, ein anderer gewinne dagegen immer weiter an Form: „Ich plane eine Tour erst durch Ost-, dann durch Westeuropa, um die Mission von Sing for Hope hier zu etablieren und Künstler miteinander zu vernetzen.“ Gemeinsam Kunstwerke erschaffen, die zugunsten der Flüchtlingskinder verkauft werden. Eine große Idee. Und dann? Weitermachen. Den bunten Momoshi-Traum von Frieden und Kunst in die Welt tragen. Gar keine schlechte Idee.