Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Manifestation von Persönlichkeit: Galerie AR Contemporary

Alexander Racz ist alles andere als ein unbekannter Name im Nürnberger Kunstbetrieb. Sehr neu hingegen der lang gehegte Traum, den der Kunsthistoriker sich erfüllen und dem Sebald eine neue Galerie schenken konnte. Die heißt „AR Contemporary“, und damit ist eigentlich alles gesagt. Oder?

Es ist nur eine kleine Glastür, die sich gemütlich an die Treppe kuschelt, die Weinmarkt und Albrecht-Dürer-Straße verbindet. Schnell ist man hinauf- und hinabgesaust, Zeit ist hier so spärlich gesät wie Zeitgenössisches hinter eben jener Glastür im Übermaß geboten. Großformatig bunt, zurückhaltend in Schwarzweiß. Bissig fotografiert oder behutsam mit Pinsel auf Leinwände gestreichelt – elf Künstler sind es, deren höchst ungleiche Arbeiten die vier Wände Alexander Racz‘ neuem Baby zieren. Und die ungefähr nichts verbindet, außer dass „ich diese Künstlerinnen und Künstler großartig finde und sie in ihrer Entwicklung begleiten möchte.“ Also gewissermaßen die analoge Fortführung dessen, was Racz schon seit vielen Jahren digital betreibt: Mit kunstnuernberg.de seit 2014 ein Kunstmagazin für Kunst und KünstlerInnen aus der Region. „Etwas, das es zu der damaligen Zeit zwar für den weltweiten Markt gegeben hat, aber nicht auf lokaler Ebene“, erzählt Alexander Racz vom allgegenwärtigen Spirit, sich mehr lokal zu interessieren, von den Anfängen, in denen der Kunsthistoriker und Byzantinist „sich nicht gut mit zeitgenössischer Kunst ausgekannt“, doch sich herangearbeitet hat. Interviews geführt, Portraits erstellt, Kontakt aufgebaut zu Museen, Offspaces, Akteuren der Szene, immer wieder die gleichen Leute getroffen und dann „mich gefragt: Wer sind die eigentlich alle? Das fand ich spannend.“ Aus dieser Neugierde heraus hat Alexander Racz ein Magazin für Bildende Kunst und Musik etabliert, dem 3500 Menschen bei Facebook folgen und 7000 bei Instagram. Das helfen soll, „einen Zugang zu diesen Kunstsachen zu bekommen“. Zusätzlich dabei helfen könnten die „Kunsttermine“, ein Zwergenheft, in dem Racz gemeinsam mit Galerist und SupermART-Initiator Laurentiu Feller dreimal jährlich das Kunstgeschehen der Region im Handtaschenformat aufbereitet. „Eine eigene Galerie“, sagt Racz, der seit 2019 als Kurator im Weißen Schloss Heroldsberg aktiv ist, Sammler bei Kunstauktionen berät und Gutachten schreibt, „wollte ich schon immer gründen.“ Jetzt endlich hat er sie. 30 m² im denkmalgeschützten Haus des St. Sebald, im wahrsten Sinne bis zur Decke voller Zeitgenössischem aus der Region, doch auch aus Frankreich oder Spanien. Figurativ und abstrakt, keine PopUp-Galerie, nicht die eine Linie, „sondern alles, was mir gefällt“. Eine Gruppenausstellung sei es sozusagen geworden, diese erste Hängung seit Eröffnung im Juni, mit der Racz sogleich als ausgesprochen bunter Vogel bei RathausART zu Gast war. Im Portfolio: „Künstler mit Stil, Renommée und Potenzial.“ Petra Krischke hängt da bunt und fantasievoll, Janina Brügel ernst in Öl, Massimiliano Maddalenas Barcelona-Serie und Meike Männels Pardiese. Margarethe Schrüfer mit Japan und David Häuser mit viel Hawaii. „Künstler, die ich mag.“ Und „am allerliebsten mag ich, über Kunst zu erzählen“ sagt er und weiß viel zu erzählen über Kunst im Öffentlichen Raum und solche, die in Kellern verstaubt. Er weiß, wie Kunst sich im christlichen Kontext entwickelt hat und wie im ländlichen, weiß, wie Kulturpolitik funktioniert und was das mit Kunst zu tun hat oder eben nicht. Das liegt wohl daran, dass Alexander Racz „kein Verkäufer ist, sondern Kunsthistoriker“, und als solcher „Kunstwerke nicht als Ware betrachtet“, sondern als „Manifestation von Persönlichkeit, von Entwicklung und Charakter.“ Wenn man möchte, könnte ein Besuch bei „AR Contemporary“ Zeit in Anspruch nehmen. Aber wenig Zeit gibt’s ja vor der Tür genug.

 

AR Contemporary
Albrecht-Dürer-Straße 1, Nbg
ÖZ (ungefähr) Do & Fr 15-19 Uhr

arcontemporary.com