Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Glosse

Rauf aufs Sofa - Coloraturi te salutant

Letzte Woche hatte ich einen Alptraum. Das war so: 7 Uhr: Eine Stimme schreit „Aufstehen, aufstehen, sofort aufstehen, alles was nach 11 Uhr stattfindet ist KEIN ganzer Tag im Freibad mehr!!“ Es ist meine eigene. 7.15: Eine minimalistische Tasche mit dem Nötigsten ist gepackt, ich brauche nichts außer Bikini, Handtuch, Wasser, Buch. Und was zu essen. 9.28: Käsebrot ist fertig. Drei weitere sowie Bulgursalat, aufgespelzte Paprika, Möhren und Äpfel, ein Liter Wasser mit Geschmack, drei ohne, Besteck für vier Personen (man kennt ja seine Pappenheimer), Kekse sowie eine servierfertig geschnitzte Wassermelone auch. Kann losgehen. 9.35: Wo ist die scheiß Kühltasche? 10.12: Mit leichtem Gepäck (Seesack, Wanderrucksack, Kühltasche, Necessaire) und lässig um den Hals gebundener Luftmatratze („Zum Drauflegen.“) geht es los. 10.55: Ankunft, Zeitplan eingehalten, Ticket schlau schon online gekauft, olé! 11.13: Wo ist das scheiß Ticket? 11.19: Einmarsch der Badiatoren! Salve Sole, Coloraturi te salutant! 11.20: ENDLICH Schatten! ENDLICH chillen! 11.22: Endlich Frühstück! 11.26: Mist, vergessen einzucremen! 12.17: Kann nichts mehr anfassen, erklimme schwer atmend, doch hübsch speckglänzend den Hügel hinauf zum Waschbecken; juhu, bergab kann ich auf meiner LSF-50-Spur sliden. 13.15: Nochmal zurück, vergessen aufs Klo zu gehen. 13.23: So, jetzt aber erstmal in Ruhe fr… Ins Wasser jetzt? Na gut. 13.50: Räkele mich sexy und neonweiß gleißend am Beckenrand, versuche entspannt zu lächeln und dabei nicht ins eisige Wasser zu glitschen. 13.53: Wo ich schonmal drin bin, kann ich auch gleich was für den Body tun. Zehn kraftvolle Bahnen Brust haben noch keinem geschadet, auch nicht der Frisur. 14.07: Kann nichts mehr sehen, dafür theoretisches Wissen zum Thema „die perfekte Arschbombe“ angeeignet. Bekommen. 14.09: Wenn schon nicht elegant durchs Wasser gleiten, dann eben aus diesem hinaus. 14.11: Humple mit blutigen Knien zum Platz, der Boden müsste auch mal neu gemacht werden. 15.03: Versuche gestresst, zu chillen. Treibender Beat aus kleinen Brüllwürfeln der Kids nebenan helfen. Nicht. 15.48: Habe mich auf dem Weg zum Klo in der Abzweigung vertan und jetzt eine doppelte Portion Pommes, naja. 15.55: Möchte jemand Käsebrot? 16.20: Juhu Ballspielen! Schon interessant, wie anders das Publikum ums Nichtschwimmerbecken herum ist. 16.23: Finde mich unvermittelt in süßlich duftender, grüner Wolke wieder. 16.46: Singe „Neeein sorg dich nicht um miiiich! Du weißt ich lieeeebe das Leeeeeböön!“ 16.48: Sexy Boys in blauen Shirts rütteln an meinem Hochstuhl und versuchen, mir das Megaphon zu entreißen. PAH! 17.18: Lehne vorm Eingang am Baum, von meiner Stirn tropft Bulgur … Bin aufgewacht und hab mich an meine Wärmflasche gekuschelt. Zum Glück ist endlich Herbst!