Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Pop für alle - das Magazin

Mit der Kampagne „Pop für alle!“ engagiert sich „Pop! Rot Weiß“ des Bezirk Mittelfranken seit 2017 für weniger Barrieren, mehr Freiheit und echte Inklusion im Veranstaltungsbereich. Statt Aufklärungswochen Veranstaltungen gibt es dieses Jahr ein Magazin.

Aus einer eher bescheidenen Info-Woche wurden im Lauf der Jahre zahlreiche Aktionen und Handreichungen für den Konzert- und Kulturbetrieb wie beispielsweise ein spezieller Festivalkalender und eigenes Piktogramm-Alphabet zur einfachen Kennzeichnung vorhandener Infrastruktur auf Konzerten ersonnen, um kulturelle Teilhabe barrierefrei zu ermöglichen. Alles schön und gut – nur was tun, wenn es gar keine Konzerte gibt, keine Veranstaltungswochen, auf denen man aufklären, informieren, sensibilisieren könnte? Nichts tun, traurig sein? Natürlich nicht. Sondern: aus der Kampagne ein Magazin machen und auf 48 lebensprallen Seiten darstellen: „Wer im Bezirk ist aktiv in Sachen kulturelle Teilhabe und wer sind eigentlich diejenigen, die kulturell teilhaben wollen?“, so Julian Menz von Pop! Rot Weiß. Zielgruppe: alle.

„Wir wollen Corona als Sensibilisierungschance nutzen“, so Elnaz Amiraslani (Parvenue – Wir kümmern uns) bei der virtuellen Pressekonferenz, die nicht nur selbst mittels Gebärdendolmetscherin zeigt, welche neuen Herausforderungen die Verlagerung ins Digitale auch oder vielleicht erst recht für Menschen mit Behinderung mit sich bringt, sondern auch gleich Beispiele am Start hat: „Die Modalitäten zum Umtauschen von Konzert-Tickets in Gutscheine waren extrem schwierig zu verstehen“, so Amiraslani und meint: schon für Menschen ohne kognitive Einschränkungen schwer zu durchblicken. Da bleiben Menschen mit entsprechenden Beeinträchtigungen schnell auf der Strecke – und das darf nicht sein. Es geht darum, Dokumente und Texte auch in sogenannter „Einfacher Sprache“ zur Verfügung zu stellen. Damit alle lesen können. Und verstehen. Was da gerade passiert. Und welche Herausforderungen die Krankheit mit sich bringt. Für alle. Außerdem müsse man sich „viel intensiver der Erprobung digitaler Formate widmen“, sagt Elnaz Amiraslani und meint: Untertitelungen. Einblendungen. Gebärdendolmetschen.

„Wir alle fragen uns: Welche Veränderungen wird Corona für uns bringen?“, so Felix Brückner von der Initiative Barrierefrei Feiern (bif) und zeigt sogleich die eigene Kompetenz auf: „Wir als Menschen mit Behinderung wollen unterstreichen, dass mit uns auf Augenhöhe gesprochen werden darf – und dass wir diejenigen sind, die sich gezwungenermaßen mit der neuen Thematik auseinandersetzen.“ Im Magazin kommen sie zu Wort: Die blinden Konzertgänger und rollstuhlfahrenden Tänzer, der DJ mit den Marmorknochen und die Texterin für einfache Sprache, erzählen in sensiblen Beiträgen ihr Leben, ihr Bedürfnisse ohne Betroffenheitsvokabular, purzeln in bunten Comics durch die Seiten, auf denen nicht nur das detailliert ausgearbeitete Piktogramm-Verzeichnis, sondern auch ein kleines Fingeralphabet zeigen: Es ist eigentlich alles nicht weiter wild – lasst es uns zusammen angehen! Vor allem: anstatt zuzulassen, dass „Menschen mit Behinderung vor lauter Corona wieder hintenrunter fallen“, wie mit Angelika Feisthammel die Vorsitzende des Mittelfränkischen Behindertenrates die vielzähligen Sorgen zum Ausdruck bringt. „Kulturelle Teilhabe hat jetzt nicht den obersten Stellenwert, das Leben dreht sich um andere Fragen“ an den Entscheiderstellen. Doch müsse man aufmerksam bleiben und aufpassen. „Inklusion muss präsent bleiben auch in Corona!“, so Felix Brückner. Zu groß die Gefahr, alles bislang erreichte wieder zu verlieren. „Es darf später keine Ausreden geben und heißen: Oh, das haben wir über Corona aus den Augen verloren.“ Das Thema also weiter bespielen, weiter hochhalten, trotz des Bewusstseins, dass freilich gerade seitens der Veranstalter andere Sorgen und Nöte dominieren mögen. Ansprechbar bleiben!

              Magazin & Blog „Pop für alle“ sind online abrufbar unter pop-rot-weiss.de/inklusion; das Magazin liegt an kulturrelevanten Stellen aus und ist bestellbar über pop-rot-weiss.de bzw. Tel: 0981/4664-5024