Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

1 Abo und 4 Abonnenten
Glosse

Die Partykolumne - Mopeds

Liebe Gemeinde, wenn ihr das hier lest, bin ich vielleicht schon tot. Oder schwer verletzt. Oder zumindest versehrt, klingen mir doch noch deutlich die zärtlichen Worte „… dann beiß ich dir ein Ohr ab!“ nach. Sender dieser Botschaft ist ein Mensch, den ich auserkoren habe, mir zurück zur Befähigung der Domestizierung von circa 90 Pferden zu helfen. Will heißen: Motorrad, und die Drohung war die Antwort auf die Frage, was eigentlich so passiert, wenn ich die Kiste umschmeiß. Inständig hab ich gehofft, allein die Frage reicht, um mir die Fahrt umgehend zu verweigern, den Tränen nah hab ich nach Gründen gerungen, das, was ich auch noch ganz alleine und freiwillig zu tun im Begriff bin, irgendwie noch abzuwenden, doch der Meister blieb ruhig und tat kund, er freue sich, weitere („Du sagst ja gar nichts. Das hab ich noch nie erlebt.“) bislang unbekannte Seiten an mir kennenzulernen. Bevor jetzt hier Lästereien laut werden bzgl. Zweiter Frühling und Wunderlichkeit im Alter und so – nix da! Ich bin schon Mofa, Roller, Motorrad gefahren, da habt ihr noch ausprobiert, ob‘s schon Banane sein darf oder doch lieber weiter Folgemilch. Mir großer Hingabe und wenig Sachverständnis haben wir seinerzeit die Straßen des Quartiers als Teststrecke für gepimpte Mofas genutzt, haben in sorglosen Feldstudien erörtert, wie viele Menschen maximal auf einen Chopper, Roller oder die schöne alte Simson passen, und dabei noch zu fahren. Wir haben auf Parkplätzen und Baustellen Anfahren, Schalten und Beschleunigen gelernt und als Sozius, was man in Kurven lieber nicht macht, auch nicht bei Tempo 20. Mit 15 hab ich mich einfach auf einen herumstehenden Roller gesetzt und mich im jugendlichen Wissen um die eigene Unsterblichkeit in den Stadtverkehr eingefädelt. Wenn man mal umfällt, fällt man halt um. Das letzte Mal, als ich mich einfach auf einen Roller gesetzt habe, hätt ich den auch am liebsten einfach umfallen lassen – nach zittrigen zehn Metern und fünf Minuten, die mir vorgekommen sind wie drei Stunden, zumindest hab ich entsprechend viel Schweiß verloren. Aus der Testrundfahrt wurde eine Testhinwackel-und-zurückschiebfahrt. Da hab ich mir schon gedacht: Wie kann jetzt das passiert sein? Weil hab ich seinerzeit freilich auch noch die Fahrausbildung legitimieren lassen, ähnlich Kamikaze, weil aus Gründen die Fahrpraxis im schönen November absolviert werden musste, im Anschluss daran aber aus mir unerfindlichen Gründen mit einer Rostlaube und definitiv zu vielen PS das Autofahren perfektioniert und das Motorrad einfach vergessen. Jetzt fällt’s mir halt wieder ein. Bedauerlicherweise bin ich nicht mehr 15. So wie andere Personen, die mir neuerdings von den großartigen Fahrten mit dem Justin und dem Tim in T-Shirt, Shorts und geliehenem Helm unbekannter Herkunft auf deren „Maschinen“ zu Badeseen berichten und Pläne entwickeln, wie viele Stunden man Kinderarbeit verrichten müsse, um möglichst über den Winter hinweg selbst das Fahren erlernen zu können. Wird mir gleich sofort noch schlechter. Aber vielleicht kann das ein Antrieb sein: Schnell wieder fahren können, um fortan hinterm Kind patrouillieren und auf ordnungsgemäßes Tragen sämtlicher Sicherheitsgewänder bestehen zu können. „Thekenschluss“ (Zentralcafé, Königstr), „Indiefreitag“ (Stereo, Klaragasse), „Gold & Butter“ (MUZ, Fürther Str), „Black Revolution“ (T90, Flughafen) und am Samstag „Z-Bau-Sommerfest“ (Frankenstr), „Kiss Klub“ (Rakete, Vogelweiher), „Metal Queen“ (Mississippi Queen, Hafen), „Don’t cry“ (Zentralcafé), „Tsunami Sound System“ (Z-Bau), „Insert-Scary-Name-Here“ (Cult, Dooser Str). Für mich gilt eher so ein „Insert scary face here“. Und die Überlegung, ob es eigentlich ein Alter gibt, in dem man würdevoll Trike fahren kann. Und ob ich das schon erreicht habe.