Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Renaissance der "Eisdiele"

Nur kurze Zeit, nachdem die offizielle Facebook-Seite online war, erfreute sie sich unzähliger sogenannter „Likes“ – Ausdruck der Benutzer dafür, dass ihnen gefällt, was sie da sehen. Wenn alles klappt, wie es soll, dürfte das nur der Anfang sein: „Die Eisdiele“, vor sich hin sterbendes Gebäude und Thema vieler Sehnsüchte in Gostenhof, bekommt nach einer Ewigkeit des Stillstandes neues Leben eingehaucht. Oder vielleicht sollte man besser sagen „neues Leben eingehämmert“. Denn damit das alles so funktioniert, wie es soll, scheint ein ordentlicher Kraftakt vonnöten zu sein.


„Die Sanierung ist unglaublich aufwendig für so ein kleines Räumchen“, so Florian Karnik. Der 35-jährige Nürnberger ist derjenige, der zu verantworten hat, was seit einiger Zeit durch die Blogs und Gerüchteküchen der Stadt wabert. „Die Fassade ist weg und der Bau wirkt entkernt“, schrieb der Blogger Sugar Ray Banister bereits im September vergangenen Jahres. „Einen Abriss vermute ich jetzt mal nicht, weil ein Baugerüst aufgebaut wurde.“ Und da lag er ganz richtig. Nach einer bewegten Geschichte und zuletzt gut vier Jahren Leer- und Stillstand bewegt sich was in „Nürnbergs ältester Eisdiele“. Die soll jetzt nämlich wieder werden, wofür sie Kinder (und Erwachsene!) bereits vor 85 Jahren geliebt haben – und noch viel mehr. Ein „Mischkonzept aus Café, Galerie und Designstore“ möchte Florian Karnik etablieren, mit „Eis für die Kleinen“ und „Ausstellungen regionaler und internationaler Künstler“, so der Hausretter. Dass dafür, ein „solches Gebäude in dem alten Stil wieder zu etablieren“ eine schier wahnwitzige Summe bewegt werden muss – egal. „Mir ist nur wichtig, dass dieses Stück Nürnberger Geschichte wiederbelebt wird.“ Mehr als Kosten und Auflagen würde ihn „später stören, wenn ich das jetzt nicht machen würde.“ Zahlreiche Konzepte und Bauvorschläge, so der Eigentümer, der das Objekt vor 40 Jahren gekauft hat und sich lieber im Hintergrund halten möchte, seien ihm vorgelegt worden, darunter Restaurants und Küchenstudios, doch mit denen sei der „nicht d’accord gewesen“, so Karnik. Nicht zuletzt, weil das Gros der Ideen einen Abriss des historisch und vor allem ideell bedeutsamen Häuschens zur Folge gehabt hätte. Stadt mehrstöckiger Gebäude also nun weiterhin winzige Gemütlichkeit: Auf rund 110m², leicht versetzt über zwei Ebenen, „soll sich das Konzept ruhig entwickeln, wohin es sich entwickeln möchte“, findet Karnik, der „keinesfalls irgendjemandem in der Gegend die Butter vom Brot nehmen“ möchte, sondern sich auf „gute, bereichernde Nachbarschaft“ freut. Allem voran sei da die Sorge angesprochen, mit der sich manch einer hinsichtlich der Sanierung trägt: Fließen ab, Fassade ab, Schriftzug ab, und owei, der gute alte Kaugummiautomat?! „Wir mussten bis auf das Backsteinfundament alles runternehmen“, erklärt Florian Karnik. Wegen akuter Einsturzgefahr, wegen Schimmel, wegen alt. Bereits jetzt prangt ein nagelneuer, dem ursprünglichen zum Verwechseln ähnelnder blauer Schriftzug über dem Eingang. Die alten Fließen, an dem so manches Herz zu hängen scheint, bleiben zwar weg, werden aber durch einen „völlig neuartigen Putz“ ersetzt, dessen Struktur der der Fließen gleichen soll. Neben „Fenstern zum Reinsetzen“ und der straßengewandten Terrasse wird die neue „Eisdiele“ künftig auch über ein kleines Gärtchen hintenraus verfügen. Den noch in diesem Jahr angemessen nutzen zu können, so Karnik, sei sein Traum: „Wenn alles halbwegs klappt, können wir im August loslegen.“ Aber man wisse ja nie, was bei so einem maroden Objekt noch zum Vorschein kommt. Versprochen aber wird eine „sorgfältigstmögliche Sanierung mit Liebe zum Detail“ und ein Konzept, das in Nürnberg „bislang einzigartig“ ist – frei nach dem Motto: „Warum soll man sich denn immer nur nach Berlin und London sehnen, anstatt tolle Sachen einfach hier zu starten?“ Und die Leute hier in Gostenhof, weiß der Eigentümer, „die lechzen nach einer Eisdiele.“ 


„Eisdiele“, Rothenburger Straße 35, Nürnberg