Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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ZeroHero - ehrlich & unverpackt

Die Luft in der Oberen Kanalstraße 11a knistert vor Vorfreude. „Wir sind glücklich, dass es endlich losgeht“, sagen Thomas Linhardt und Arthur Koenig, die seit über einem Jahr gemeinsam an Konzept und Umsetzung des Unverpackt-Ladens schnitzen. Der Zeitgeist des bewussten Lebens und Einkaufens, der Vermeidung von Verpackungsmüll und Plastik, des achtsamen Umgangs mit Lebensmitteln, ist längst in Nürnberg angekommen. Wer mag, kann seinem eigenen Umgang mit der Thematik ab sofort in Gostenhof eine Kehrtwende bescheren. Nüsse, Reis, Getreide, Nudeln – rund 150 verschiedene sogenannte „Trockenprodukte“ warten in großen Behältern darauf, grammgenau entnommen zu werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: „Man kauft nur so viel, wie man wirklich braucht.“ Und „ZeroHero“ ist dabei nicht teurer als der konventionelle Biomarkt. Spaghetti gehen für 35 Cent pro 100 Gramm über die Theke, Rosinen für 70 – und sind dabei wie nach Möglichkeit jedes der rund 250 Produkte von Pasta über Obst, Gemüse und Molkereiprodukten bis hin zu Drogerieartikeln wie Zahnpastatabletten oder Bambuszahnbürsten regional, bio, und fair gehandelt. Der Kunde bestimmt, wie viel er möchte.

Das ist nicht zuletzt haptisch ein Erlebnis, wenn die Linsen in die … ja, wohinein eigentlich rieseln? Jutebeutel, Einmachgläser, Tupperware – was immer zur Hand ist, kann mit Sämereien, Mehl, Honig oder Öl befüllt werden. Die Tara, also das Gewicht des Behältnisses, wird an der Kassenwaage abgezogen. Ade Spontaneinkauf? Natürlich nicht. „Wir haben immer Behälter für Un- und Kurzentschlossene in petto“, versichern Linhardt und Koenig. Hübsche Baumwollbeutel in verschiedenen Größen, Flaschen, von-Kunden-für-Kunden-Marmeladengläser und dekorative Vorratsgläser im „Mason-Look“. Hauptsache wiederverwendbar. Wer meint, das sei hier alles Schmu, „ZeroHero“ hole nur Produkte aus den Plastikverpackungen und präsentiere sie neu, der irrt: Im Lagerraum stapeln sich riesige Papiersäcke, Originalgebinde direkt vom Händler. „Nur in Ausnahmefällen wie beispielsweise hochwertigem Salz, das keinesfalls feucht werden darf geht es leider nicht anders als in Plastik“, so Arthur Koenig. Doch man habe sich mit 40 anderen deutschen Unverpackt-Läden als Genossenschaft organisiert, um gemeinschaftlich an Produzenten und Händler heranzutreten und denen die umweltschonendere Verpackung schmackhaft machen zu können.

Was aber geschieht mit Obst, Gemüse, Käse oder Körnern, die hier keinen Kunden finden, aber noch einwandfrei sind? Ab in den Müll? „Keinesfalls!“, versichert Thomas Linhardt und berichtet vom Bistro-Bereich, in dem die Kunden Kaffee trinken, in Büchern schmökern können – und selbstgemachte Kuchen oder Suppen schmausen. Müll wird hier nur produziert, wenn’s gar nicht anders geht. Der ganze Laden: Nachhaltigkeit. Wird hier auch eine Ideologie mitverkauft, eine Missionierung? „Nein“, sind sich die beiden ZeroHeros einig: „Wir sind ein ganz normaler Einzelhandel – nur mit entschleunigter Atmosphäre.“ In der sie den Kunden „perfekt beraten“ und „die Geschichte zu den Produkten erzählen“ können, in der Workshops angeboten werden sollen rund ums Thema „Zero Waste“ – wie kann ich Müll im Alltag vermeiden, wie Sachen vom Lebensmittel bis zur Zahnpasta einfach daheim herstellen? – in der sich Leute treffen können, die „sich für Nachhaltigkeit interessieren und den Lifestyle leben.“ In der aber auch jeder nur mal geschwind seinen Wocheneinkauf tätigen darf.

Ob das passieren wird, dass Menschen quer durch die Stadt fahren, um Nudeln und Reis einzukaufen? „Wir rechnen nicht damit, dass die Laufkundschaft aus einem weiter entfernten Stadtteil oder Vorort“, sind sich Thomas Linhardt und Arthur Koenig im Klaren. Wissen aber auch, dass das Crowdfunding, im Zuge dessen fast 30 000 Euro Startkapital zusammenkamen, „ein voller Erfolg war und gezeigt hat, wie toll Nürnberg unsere Idee annimmt.“ Zeigen, dass es den Nürnbergern ernst ist mit ihrem Support, können sie ab dem 21. September: Um elf Uhr öffnet die Tür zum dreitägigen Eröffnungsfest, bei dem geschnuppert, verkostet, mit anwesenden Produktherstellern geplaudert und selbstverständlich ganz normal eingekauft werden kann. „Ab Montag haben wir ganz normal offen.“

 

ZeroHero – Unverpackt Nürnberg, Obere Kanalstraße 11a, Nbg, Öffnungszeiten zu den Eröffnungstagen: 21.&22.9, 11-19 Uhr, 23.9., 11-15 Uhr; danach regulär voraussichtlich Mo-Fr 10-19 & Sa 9-14 Uhr; zerohero-nuernberg.de