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München: Der neue Seniorenbeirat will die Digitalisierung propagieren

Der neu gewählte Seniorenbeirat will Altersgenossen in die digitale Welt führen - dabei aber Menschen über 60, die damit überfordert sind, nicht abhängen. Dazu hat sich das Team um Reinhard Bauer einige Neuerungen einfallen lassen.

Von Katharina Thümler

Älteren Menschen die digitale Welt zu erschließen und zugleich alle, die mit Smartphone und Tablet Probleme haben, nicht von der gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen - das hat sich der neugewählte Seniorenbeirat um seinen alten und zugleich neuen Vorsitzenden Reinhard Bauer vorgenommen. Am Dienstag haben Sozialreferentin Dorothee Schiwy und der wiedergewählte Chef ihr Team vorgestellt - zwei neue Fachausschüsse stehen dabei für neue Aufgabenfelder: Umwelt und Klima sowie Migration und Integration.

Die insgesamt zwölf Fachausschüsse sollen sich mit den Problemen befassen, mit denen Menschen ab 60 Jahren hadern. Unter anderem mit der um sich greifenden Digitalisierung. "Als Seniorenbeirat sehen wir eine unserer Aufgaben darin, die älteren Menschen im Umgang mit dieser Entwicklung vertraut zu machen", kündigt Reinhard Bauer an. "Andererseits wollen wir auch diejenigen schützen, die diesen Wandel nicht mitmachen können oder wollen."

Diese Aufgabe hat sich speziell Günter Wolf auf die Fahne geschrieben. Als Leiter des Fachausschusses "Digitalisierung" bringt der gelernte Elektrotechniker viel Fachkenntnis mit: "Digitalisierung ist ein soziales Thema", sagt der 70-Jährige im roten Pullover. Rund ein Drittel der Menschen in Deutschland mache sich laut einer Studie Sorgen, digital abgehängt zu werden.

"Digitale Angebote müssen alle erreichen", fordert er. "Ohne Handy hätte ich mir kein 49-Euro-Ticket besorgen können", erzählt er, außer natürlich, er hätte lange und teure Wege auf sich genommen, um dann eventuell eine Chipkarte zu erhalten. Analog sei man teurer unterwegs als digital, sagt Wolf, deshalb müssten die "Alten- und Service-Zentren" (ASZ) digital aufgerüstet werden. Dazu gehöre freies Wlan, und es brauche Angestellte für digitale Hilfestellungen, etwa um Anträge einreichen zu können. Ein Problem sei auch, dass die Zentren vielen Menschen gar nicht bekannt seien, sagt Wolf im Gespräch, und sie identifizierten sich auch nicht damit. Deshalb würde Wolf gerne das "Alten" der ASZ durch "aktive Senioren" austauschen. "Mit 60 Jahren bin ich nicht alt."

Mancher Arzt nimmt Patienten nur noch über eine digitale Plattform an

Doch ab 60 Jahren würden die Menschen bereits digital abgehängt, sagt er. Erst kürzlich sei er von einer älteren Frau angesprochen worden, die keinen Termin bei ihrem Arzt habe bekommen können. Der Arzt nehme nur noch Patienten über die Plattform "Doclib" an, und mancher wisse nicht, wie er oder sie einen Account erstellen könne. Dabei hätten die meisten Handys, könnten aber nicht unbedingt damit umgehen, sagt er. Deshalb brauche es in den ASZ Unterstützung.

"Manche Menschen haben einfach kein Handy, können es nicht oder wollen es nicht - dafür braucht es einen analogen Weg", sagt der Digitalisierungsexperte. Menschen ohne Internetzugang oder digitale Fähigkeiten würden zunehmend benachteiligt, etwa bei der Vergabe von Terminen bei Behörden oder der Vergabe von Sozialwohnungen. Dabei gehe es schließlich auch um Geschwindigkeit - wer zuerst zu einem der Bürgerterminals fahren müsse, komme häufig zu spät.

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