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München: Warum der ADFC Fahrradtechnikkurse nur für Frauen anbietet

Viele Pannen am Fahrrad lassen sich mit ein paar Handgriffen selbst beheben. Der Fahrradclub ADFC bietet Kurse speziell für Frauen an. Die wichtigsten Tipps für Schrauberinnen (und natürlich auch für Schrauber).

Von Katharina Thümler

Alle fahren sie gerne Rad, manche nur zur Arbeit, andere als Freizeitbeschäftigung, alle möchten mehr über ihr Gefährt lernen - und alle sind sie Frauen, die an diesem Abend in der Werkstatt des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) nahe der Theresienwiese sitzen. Es ist ein spezielles Angebot des Verbandes: Technikkurse nur für Frauen - und den Bedarf scheint es durchaus zu geben. "Es geht eigentlich gar nicht, dass ich so wenig darüber weiß", sagt eine Teilnehmerin. Vor anderthalb Jahren habe sie das erste Mal einen Reifen flicken müssen, da sei ihr das aufgefallen. In den Kurs für Frauen sei sie gekommen, "damit ich mir von den Männern nichts anhören muss".

Eine andere Frau erzählt, dass sie eigentlich immer jemanden hatte, der ihr im Zweifel das Rad reparierte. Sie wolle es nun selbst lernen - auf einer Radtour sollte man sich schließlich auf sich selbst verlassen können. Und auf die Reparatur beim Profi müsse man ja oft warten. "In den Werkstätten ist's der Wahnsinn", sagt sie. Einen Termin zu bekommen, sei schwierig. Viele Läden reparierten nur Räder, die sie selbst verkauft hätten, fügt Kursleiter Peter Remm hinzu, der einzige Mann im Raum. Außerdem ist es ja gerade das Geniale am Fahrrad, dass sich viele Pannen mit ein paar Handgriffen selbst beheben lassen. An die Inbusschlüssel und Reifenheber!

Die Frauen kommen mit unterschiedlichem Vorwissen: Ein paar haben noch nie einen Schlauch gewechselt, andere können genau bestimmen, welche Ventile, Schaltung, Reifen und Bremsen ihr Rad hat. Der Kurs soll allen nützen, weshalb Remm gleich zu Beginn abfragt, was die Frauen können und was nicht. Immerhin ist es ein Anfängerkurs.

"Ich kann den Reifen wechseln, aber danach vermutlich nicht wieder die Bremse einstellen, deshalb habe ich es nie gemacht", sagt eine Teilnehmerin. Dass die Frauen so offen zugeben, was sie nicht können, sei "wirklich erfrischend", sagt Remm. Denn bei Männern laufe es seiner Erfahrung nach anders. Die würden häufig versuchen, mit ihrem Wissen die anderen Teilnehmer zu übertrumpfen, und "dabei geht viel Zeit flöten". In einem Kurs, in dem alle etwas dazulernen sollen, sei das natürlich anstrengend. Kein Wunder also, dass die Frauen-Kurse gefragt sind. Der ADFC bietet sie in unregelmäßigen Abständen an, sie sind immer ausgebucht. Und mit Maria Beer soll es bald auch eine Leiterin geben. Sie schaut an diesem Abend Kursleiter Remm über die Schulter und gibt auch selbst Tipps.
Im Kurs wird geduzt, wie unter Radlern üblich. Die Frauen berichten von ihren Radtouren, Lieblingsstrecken in der Stadt und Problemen mit Werkstätten. Noch in der Vorstellungsrunde geht Remm auf die Räder der Teilnehmerinnen ein. Ein häufiges Problem ist schnell identifiziert: quietschende Scheibenbremsen. "Neue Bremsen müssen eh immer erst eingebremst werden", rät Remm. Bei älteren Bremsen sei womöglich der Austausch der Scheiben notwendig. Ein wenig Gequietsche sei aber normal, sagt er - und beweist es anhand der Bremsen an seinem Rad, das im Raum steht.

Remm führt die korrekte Sattelhöhe vor. Er balanciert darauf und stützt sich mit einer Hand an der Decke ab. Wenn das Pedal ganz unten steht, sollte das Knie noch leicht angewinkelt sein, der Fuß erreicht dann nicht ganz den Boden. "So hat man ein Fahr-Rad und kein Steh-Rad", sagt der Kursleiter und gibt noch mehr Empfehlungen zur Ergonomie. Auf dem Tisch liegen Fahrradmäntel, Schläuche, Felgen und vieles mehr als Anschauungsmaterial, jeweils in verschiedenen Graden der Abnutzung.

Der Kursleiter thematisiert auch einige vermeintliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen beim Umgang mit dem Rad. Das Verlangen, die Kette reinigen zu wollen, sei etwa ein "Frauen-Problem". Ein Kettenreinigungsgerät würde er selbst nie benutzen. Stattdessen reiche es, die Kette regelmäßig zu ölen und alles Überschüssige mit einem Lappen zu entfernen. "Im Internet gibt es so viel Schmarrn", fügt er hinzu. "Wir wollen euch nichts verkaufen."

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