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World Club Dome: Gemeinsam im Waldstadion feiern

Die Reihe der blauen Toiletten, mit ihren Plastiktüren und -wänden, laden nicht gerade zum Verweilen ein. Die meisten Menschen eilen an ihnen vorbei. Dann öffnet ein junger Mann eine der Türen, holt seine Freunde mit einer Handgeste zu sich herüber - und alle fünf verschwinden in der kleinen Kabine. Ein Blick hinter der Türe verrät das Geheimnis: Einige der Toiletten haben keine Rückwand und führen stattdessen auf eine geheimen Tanzfläche unter freiem Himmel. Auf wenigen Quadratmetern und umrandet von den blauen Rückwänden, tanzen die Feiernden zusammen zur Musik, während andere in den echten Kabinen ihr Geschäft verrichten.

Es ist nur eine der kleinen Verrücktheiten, die sich Bernd Breiter, der Organisator des Festivals „World Club Dome" ausgedacht hat. Das Musikfestival spielt sich an diesem Wochenende im Frankfurter Waldstadion, im angrenzenden Schwimmbad und auf den Wiesen dazwischen ab. Es ist die erste Auflage seit zwei Jahren, seit Corona. 180.000 Menschen werden erwartet. Das Elektro-Festival bietet mittlerweile ein großes Repertoire an Musikrichtungen an: Techno, Hardstyle und Rap sind nur einige von ihnen. Entsprechend gemischt sind auch die Geschmäcker der Besucher.

Familiengefühl trotz Größe

Die beiden zwanzigjährigen Amy Gartz und Sabrina Schwichert sind für das dreitägige Festival aus Vogelsberg angereist. Sie feiern alles von Schlager bis Techno, über Rap und Hardstyle, sagen sie. Das Besondere des Festivals sei aber die Atmosphäre, sagt Gartz. Obwohl das Festival so groß ist, seien die Leute wie eine riesige Familie, sagen die beiden. Das Festival schaffe es auch, sich immer an aktuellen Trends anzupassen, wie etwa durch die Shisha-Zelte, die aufgestellt wurden. Das diesjährige Motto des Festivals „Las Vegas", würde durch die Bühnen und kostümierten Tänzern gelebt.

Das Festival bietet neben der Hauptbühne im Stadion noch eine Outdoor-Hauptbühne, die Zombiebühne, die Poolbühne und eine Waldbühne - wobei das nur die Größten der insgesamt 25 Bühnen sind. Die Bereiche sind dabei nicht für jeden zugänglich: Je nach Ticket gibt es verschiedene Bändchen. Ohne „Deluxe" oder VIP-Ticket kommt man zum Beispiel nicht in den Stehbereich der Hauptbühne im Stadion.

Mit dem „Pool-Ticket" kommt man zwar zur Waldbühne und zu der Bühne am Schwimmbecken, aber nicht zu den Hauptbühnen, wo Größen wie Sido, Scooter, Haftbefehl oder Alle Farben auftreten. Das scheint den Besuchern aber nichts auszumachen. „Es stört nicht" sagt Laura Grütze. Sie und ihre Freunde sind für zwei Tage da und haben ein gewöhnliches „Las Vegas" Ticket gekauft. Schließlich würden sie es eh nicht schaffen alle Bühnen zu sehen und die Hälfte der Musiker kennen sie sowieso nicht, sagt sie.

Auf der anderen Seite des Geländes hat sich ein vierzigjähriger Mann auf einer Mauer im Schatten niedergelassen. Er ruht sich aus und schaut auf die Pool-Bühne. Für den Mainstream sei er nicht gekommen, sondern für die elektronische Musik. So auszugehen und zu feiern habe er vermisst, sagt er. Es ist für ihm das erste Festival seit der Pandemie. Das Motto „Las Vegas" habe der Mann, der im öffentlichen Dienst arbeitet und deshalb seinen Namen nicht nennen mag, nicht mitbekommen. Das könnte aber auch an den getrennten Bühnen liegen, sagt er.

Chaos am Eingang

Ein Festival mit so vielen Besuchern ist eine logistische Herausforderung. „Heute hat alles gut funktioniert", sagt Patrick Kozdon am Eingang mit seinen Freunden beisammenstehend. Er habe am Samstag sein Ticket schnell an der Kasse gegen ein Bändchen eintauschen können - am Freitag sei das anders gewesen. Seine Freundin habe anderthalb Stunden auf ihr Bändchen warten müssen. Ähnlichen Erfahrungen haben auch andere Besucher machen müssen: Vivian Spiller stand am Freitag genauso lange in der Schlange.

Es sei das „absolute Chaos" gewesen, denn für die etwa 10.000 Menschen seien nur vier Kassen geöffnet gewesen. Die Menschen wurden wohl in den Schlangen eingequetscht und jeder hätte sich vorgedrängelt. Am Eingangsbereich wäre nur ein Sicherheitsmann im Einsatz gewesen, der mit der Situation komplett überfordert wäre. „Es stand kurz vor einer Massenpanik", sagt die 31 Jahre alte Frau.

Zudem mussten sie, nachdem sie das Bändchen bekommen haben, sich wieder durch die Masse hindurch quetschen. Sie und ihr Freund waren schon öfters bei dem Festival, haben aber sonst bessere Erfahrungen gemacht. Dennoch freuten sie sich auf Scooter. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten ist die Stimmung auf dem Festival ungebrochen: Frauen mit Plüschheiligenschein und Männer in Hawaii-Hemden feiern ausgelassen. Sie stampfen und „shuffeln", eine Art des Tanzens, vor den Bühnen, kühlen sich im Pool ab oder sitzen gemeinsam auf den Wiesen. So wie früher.

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