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Yachtbesitzer auf Mission

Die Hilfsorganisation "Mission Lifeline" plant eine Protestaktion mit Yachten gegen die Flüchtlingspolitik der EU.

Mit einer gemeinsamen Expedition mehrerer Yachten will die Nichtregierungsorganisation "Mission Lifeline" auf die fehlende Hilfe für auf dem Mittelmeer in Seenot geratene Geflüchtete aufmerksam machen. Unter dem Motto #yachtfleet mobilisiert das Bündnis derzeit in den sozialen Medien für die Protestaktion, die sich gegen die restriktive Politik der EU richtet.

Axel Steier, Sprecher von "Mission Lifeline", berichtet dem "nd", dass momentan drei Yachten mit insgesamt rund 30 Teilnehmern an Bord unterwegs seien. Seit dem Morgen des 13. Juni, um elf Uhr, sind die Yachten auf dem Weg nach Lampedusa. Von dort werde es tagesaktuelle Wegpunkte geben, die dann angefahren werden, so Steier. Die Crewmitglieder stammen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Griechenland, Italien, Portugal und Syrien, teilte die NGO mit. Ihre Aktion hat bereits positives Feedback bekommen, aus Spanien meldeten sich Segler, die die Aktion begrüßten, sagte Steier.

Keine Angst vor Repressionen

Repressionen oder Probleme mit der Küstenwache fürchten sie nicht. Die Guardia di Finanza, also die Polizeitruppe, die für Wirtschaftskriminalität zuständig ist, habe sie schon besucht. "Wir handeln ja komplett legal", sagte Steier.

Auch Yachtbesitzer*innen haben sich bereits zu Wort gemeldet. Lino aus Italien begrüßt die Aktion: "Ich mache mit, weil ich mich für die Menschenrechte einsetzen möchte, da diese aktuell mit den Füßen getreten werden." Giuseppina aus Portugal erklärt: "Ich mache mit, weil es Zeit ist aufzuhören, Menschen als Fischfutter im Mittelmeer zu hinterlassen."

Vom 16. bis 20. Juni sind mehrere Aktionen geplant, jeder Tag hat sein eigenes Thema. Zum Auftakt wird den Toten gedacht, die während ihrer Flucht auf dem Mittelmeer ertrunken sind. Dazu sollen am ersten Tag Blumen auf dem Meer niedergelegt werden. Am zweiten Tag wird die Forderung nach legalen Einreisemöglichkeiten in die EU in den Vordergrund gestellt, darauf folgt am dritten Tag Kritik an der Grenzpolitik der EU, die mit Milizen und instabilen Staaten zusammenarbeitet. Am vierten Tag wird ein Ende der Kriminalisierung der Seenotretter*innen gefordert und am fünften Tag sollen die solidarischen Städte und ein solidarisches Europa verteidigt werden.

Italien droht Seenotrettern mit Geldstrafen

"Selbst wenn wir Menschen aufnehmen müssen, was wir nicht hoffen, hätten wir bessere Chancen in die Häfen gelassen zu werden, als mit großen Schiffen", erläutert der Sprecher von "Mission Lifeline". Für die Gerichte sei es einfacher, großen Schiffen die Einfahrt zu verbieten. Die italienische Regierung hatte zuletzt der Hilfsorganisation "Sea-Watch" verboten, in Italien anzulegen. Aktuell hat die Regierung einen Vorstoß des Chefs der rechten Lega, Innenminister Matteo Salvini, beschlossen. Dieses sieht vor, Geldstrafen gegen Seenotretter zu verhängen. Private Schiffe, die mit Geretteten an Bord unerlaubt in italienische Hoheitsgewässer fahren, müssen demnach zwischen 10.000 und 50.000 Euro Strafe zahlen.

Ziel der #yachtfleet-Aktion sei in erster Linie nicht, Geflüchtete zu retten. "Es geht darum, aufmerksam zu machen, Widerstand gegen diese Regelung zu leisten, was inkludiert, dass man Menschen retten könnte", sagt Steier. Die italienische Seenotrettungsleitstelle (MRCC) verurteile Geflüchtete jedes Mal zum Tode, denn sie leite Notrufe nicht mehr an Nichtregierungsorganisationen weiter.

Auf die Frage, wie die Crewmitglieder der "Mission Lifeline" auf die Idee gekommen seien, private Segler anzusprechen, sagt Steier: "Die Idee liegt so nah, da müsste jeder drauf kommen, dessen oder deren Schiff beschlagnahmt wurde. Wir kamen einen Tag darauf, nachdem unser Schiff beschlagnahmt wurde."

Das Schiff der "Mission Lifeline" wurde im Juni 2018 von maltesischen Behörden beschlagnahmt. Der Kapitän des Schiffes, Claus-Peter Reisch, wurde im Mai 2019 von einem maltesischen Gericht zu 10.000 Euro Strafe verurteilt, weil er ein nicht ordnungsgemäß registriertes Boot gesteuert haben soll. Reisch ist gegen das Urteil in Revision gegangen, die Entscheidung hierüber steht noch aus.

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