Vor 14 Jahren brach Daniel Karasek, 61, zunächst zögerlich in den hohen Norden auf, um als Generalintendant den Kieler Theatern neues Leben einzuhauchen. Der älteste Sohn von Hellmuth Karasek wuchs in Caracas auf und begann seine Karriere als Regisseur in den Achtzigern bei Jürgen Flimm. Die Corona-Pandemie stellt seine Bühnen, die zu den familienfreundlichsten Deutschlands zählen - samstags gibt es keine Proben, und eine Schwangerschaft bedeutet hier nicht das Karriereaus -, vor eine enorme Herausforderung.
Was essen Sie zum Frühstück?Ich trinke Buttermilch und einen Cappuccino.
Wo kaufen Sie Ihre Kleidung ein?Nicht im Internet! Wir Männer haben es ja leichter. Ich kaufe immer nur das, was nötig ist: ein Hemd, eine Hose. Ich kaufe wenig und muss deshalb auch kein schlechtes Gewissen haben, die Umwelt zu strapazieren.
Was ist das älteste Kleidungsstück in Ihrem Schrank?Meine Campers und ein T-Shirt aus der ersten Sommer-Bespielung, die wir vor acht Jahren gemacht haben. Damals haben wir „Tosca" gezeigt. Der Schriftzug fängt langsam an abzublättern, aber ich trage das T-Shirt noch immer beim Sport.
Wann haben Sie zuletzt handschriftlich einen Brief verfasst?Das weiß ich nicht mehr. Aber ich schreibe noch immer jeden Tag handschriftlich Tagebuch, ganz altmodisch.
Welches Buch hat Sie im Leben am meisten beeindruckt?„Die verlorenen Spuren" von Alejo Carpentier. Ein wunderbares Buch.
Wie informieren Sie sich über das Weltgeschehen?Ganz altmodisch über lokale und internationale Zeitungen, unter anderem „El País", weil Spanisch meine Muttersprache ist. Es macht mir wahnsinnig viel Spaß, sie bei einem Kiosk oder in einer Bahnhofsbuchhandlung zu kaufen, das mache ich jeden Freitag, Samstag und Sonntag. Ich liebe das und könnte nicht darauf verzichten.
Was ist Ihr bestes Smalltalk-Thema?Im Augenblick: wie weit unsere Sänger und Schauspieler beim Sprechen mit ihrer Spucke kommen. Daran entzünden sich sehr streitbare Gespräche. Ich meine, dass nichts Schlimmes geschehen kann, wenn man einen vernünftigen Abstand zueinander hält, aber da scheiden sich die Geister. Körperkontakt ist nicht nur auf der Bühne tabu, in der Gesellschaft findet eine ganz starke körperlich-haptische Verkümmerung statt. Fürs Theater ist das eine Katastrophe, wir spiegeln ja die Gesetze der Annäherung und der Distanzierung von Menschen. Eine Weile stachelt das an, aber irgendwann kommt man nicht umhin zu erkennen, dass wir eine Kastration des Theaters erleben.
Bei welchem Film haben Sie zuletzt geweint?„The Hours - Von Ewigkeit zu Ewigkeit", den habe ich vor Kurzem auf DVD gesehen.
Sind Sie abergläubisch?Ja! Man darf vor einer Vorstellung nicht sagen: „Jetzt kann nichts mehr schiefgehen" - ein ganz schwerer Fehler vor der Premiere. Und man darf auf der Bühne nicht pfeifen.
Worüber können Sie lachen?Über einen wirklich guten, intelligenten, witzigen Schauspieler. Wir haben hier übrigens ganz viele davon.
Ihr Lieblingsvorname?Der Name meiner Tochter, Genia. So heißt auch die weibliche Hauptfigur aus Arthur Schnitzlers „Das weite Land", einem meiner Lieblingsstücke. Und Constanze - das ist Mozart-Zauber pur.
Machen Sie eine Mittagspause?Eigentlich nie.
In welchem Land würden Sie gerne leben?In Deutschland ohne Corona.
Was fehlt nie in Ihrem Kühlschrank?Leider: Fleisch.
Fühlen Sie sich mit oder ohne Auto freier?Leider: mit.
Was ist Ihr größtes Talent?Dass ich höchst erfolgreich in der Tätigkeit war und bin zu verhindern, ein Buch zu schreiben.
Was tun Sie, obwohl es unvernünftig ist?Ich kann an keinem Buchladen vorbeilaufen, ohne völlig sinnloserweise irgendein Buch zu kaufen.
Welcher historischen Person würden Sie gerne begegnen?Jesus.
Tragen Sie Schmuck? Und eine Uhr?Nein, nie.
Haben Sie einen Lieblingsduft?Der Duft eines frisch gebratenen Steaks.
Was war Ihr schönstes Ferienerlebnis?Eine Woche in den Cafés von Triest zu sitzen und zu schreiben. An dem Buch, das ich noch immer nicht geschrieben habe. Das habe ich schon drei Mal gemacht.
Auf welchem Konzert waren Sie zuletzt?Bei unseren Philharmonikern zu einer sogenannten Corona-Fassung, da waren nur 15 Musiker auf der Bühne. Wir haben großartige Musiker, man vergisst dann schon mal die Situation. Aber es tut auch weh. Die Philharmoniker macht einfach die große Form aus. Die Kunst ist ja selten ein Medikament zur direkten Verarbeitung, sondern eines aus der Distanz, das ist ihre Kraft. Momentan ist die Kunst wie gelähmt, aber wenn wir anfangen, das alles zu verarbeiten, wird sie wieder existent.
Was fehlt Ihnen zum Glück?Der Impfstoff gegen Corona.
Was trinken Sie zum Abendessen?Cola, wenn ich abends noch arbeiten muss. Und wenn ich nicht mehr arbeiten muss: Wein.