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Christo-Verhüllung lockt auch die Pariser an

Nach jahrelanger Planung verschwindet der Arc de Triomphe für drei Wochen unter Stoff. Foto: ZDF

Der Lebenstraum des Künstlerpaars Christo und Jeanne-Claude wird in Paris Wirklichkeit. Ab dem 18. September ist der Triumphbogen komplett in silberblauen Stoff eingepackt.

Der Lebenstraum des Künstlerpaares Christo und Jeanne-Claude wird wahr: Nach jahrelanger Planung verschwindet der Arc de Triomphe für drei Wochen unter Stoff.

Irgendwie ist der 2020 verstorbene Künstler Christo immer noch da. Auch in dieser Woche in Paris, wo gerade die letzten Arbeiten für die Verhüllung des Triumphbogens stattfinden. "Es ist vielleicht komisch, aber ich finde, es hat sich nicht so viel verändert. Der Spirit ist bei uns der gleiche geblieben", sagt Bauingenieurin Anne Burghartz.

Denn von künstlerischer Seite lag alles schon vor - noch zu Lebzeiten hatte Christo die Aktion bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Burghartz war mit ihrem Arbeitgeber, dem Stuttgarter Ingenieursbüro "Schlaich Bergermann Partner", in den vergangenen Monaten Teil eines internationalen Teams, das Christos Ideen und Pläne für die Verhüllung des französischen Nationaldenkmals umgesetzt hat.

Pläne für Verhüllung gibt es seit Jahrzehnten

Am Wochenende hat nun die letzte Phase der Christo-Verhüllung begonnen. Vom 18. September bis 3. Oktober ist der Triumphbogen dann vollständig verhüllt. Schon Anfang der 1960er Jahre begannen Christo und seine Frau Jeanne-Claude, temporäre Arbeiten im öffentlichen Raum zu schaffen. Da kam ihnen auch die Idee, den Triumphbogen zu verhüllen.

Mehr als 90 Höhenkletterer in orangener Montur haben sich dafür am Sonntag von der Aussichtsplattform abgeseilt und die riesigen, silber-blauen Stoffbahnen über das Wahrzeichen ausgerollt. Herausfordernd dabei war vor allem eines: der Denkmalschutz.

Strenge Auflagen für Kunstprojekt

"Es gab sehr, sehr strenge Anforderungen, was wir machen dürfen und was nicht", sagt Burghartz. Schon früh hätten die beteiligten Firmen mit den Behörden definiert, an welchen Bereichen sie gar nicht an die Fassade herandürfen und wo sie Dinge verankern können.

Gerade weil wir in an einem Nationaldenkmal in Frankreich arbeiten, mussten wir sehr vorsichtig sein.
Wladimir Jawaschew, Christos Neffe und Projektdirektor

Und um sicherzustellen, dass die Aussichtsplattform und das Grabmal des unbekannten Soldaten unter dem Bogen weiter zugänglich bleiben, sei rund um die Uhr im Schichtbetrieb gearbeitet worden. Mit Blick darauf meint Wladimir Jawaschew, Christos Neffe und Projektdirektor: "Die Verhüllung ist mehr eine logistische als eine technische Herausforderung. Aber wir haben es geschafft."

Auch Einheimische werden neugierig

Wird das 14-Millionen-Euro-Projekt den Blick auf den Triumphbogen und ganz Frankreich verändern? Bei den Schaulustigen, die sich vor dem Denkmal fotografieren lassen, trifft das schonmal zu. Es sind keineswegs nur Touristen, auch viele Einheimische kommen in diesen Tagen her.

Worüber sich zumindest die Besucher freuen dürften: An den drei Wochenenden während des Ausstellungszeitraums ist der Kreisverkehr um den Triumphbogen für den motorisierten Verkehr gesperrt. "Das Kunstprojekt macht die Einwohner dieser Stadt auf jeden Fall auch neugierig", meint eine Pariserin. Andere wiederum erzählen, dass sie schon jetzt nach Paris gereist sind, nur um die Christo-Verhüllung zu sehen.

Erste Anzeichen dafür, dass die Rechnung der Gastgeber und des Christo-Teams aufzugehen scheint: Die Verhüllung soll die Menschen zurück zum Nationaldenkmal bringen. Nur rund 500.000 Menschen besuchten im vergangenen Jahr die Aussichtsplattform auf dem Triumphbogen. Wegen der Pandemie-bedingten Schließungen sanken die Besucherzahlen drastisch - 2019 waren es noch 1,7 Millionen.

25.000 Quadratmeter Planen, 3.000 Meter Kordel

Inzwischen sieht man die passgenaue Unterkonstruktion - eine Art Gerüst - kaum noch. Fast der gesamte vorgesehene Stoff, 25.000 Quadratmeter Planen aus aluminiumbedampftem Polypropylengewebe, und 3.000 Meter rote Kordel liegen mittlerweile über der Konstruktion. Nur an manchen Stellen schaut in dieser Woche noch das eigentliche Denkmal hervor.

Wenn in wenigen Tagen die Verhüllung fertig ist, wird sich Jawaschew wohl auch an das Versprechen erinnern, das ihm sein Onkel Christo vor seinem Tod noch abgenommen hat: Dass er das Projekt zu Ende bringen werde.

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