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„Behind Closed Curtains": Eine Einführung in die persische Wohnkultur

Einige bezeichnende Elemente der persischen Wohnkultur: Muster auf Boden und Wand, Teppiche und Glaskunst. Hier das Haus von Amir Morteza Besharat. Quelle: Lena Späth

Iranische Kreative öffnen für eine deutsche Autorin ihre Häuser von Teheran bis Kelarabad. Im Iran wohnt man anders. Über die besondere Rolle der Teppiche - und warum man Innenhöfe statt Gärten bevorzugt.

Wochenlang war die junge Deutsche, die fließend Farsi spricht, zusammen mit dem Fotografen Hamed Farhangi unterwegs und fotografierte die Häuser iranischer Künstler, Unternehmer und Designer. Das so entstandene Buch „Behind Closed Curtains: Interior Design in Iran" ist ein seltenes Glück. Hier eine erste Einführung in die persische Wohnkultur:

Der Teppich

Er ist das wohl wichtigste Element persischer Wohnkultur. Denn er bestimmt, wie groß der Raum gebaut wird, in dem er liegen soll. Er markiert den Mittelpunkt und ist das Herzstück, alle Gegenstände und Möbel werden um ihn herum angeordnet.

Im Haus der iranischen Architektin Noushin Gheyasi, die in Florenz studiert hat, sind nicht nur die Innenräume mit Teppichen versehen - sie liegen auch auf der Dachterrasse. Und im „Dibai-House" in Isfahan, dem Gästehaus von Sufi Shahidzadeh Falsafi, die lange in Spanien gelebt hat, dienen sie zusätzlich als Tagesdecken auf den Betten.

Die traditionellen Stadtteppiche haben fein gearbeitete filigrane Muster, in Beige- und Brauntönen gehalten, und sind nach der Stadt benannt, in der sie hergestellt wurden. Die Dorfteppiche sind farbkräftiger, überwiegend klassisch in Weinrot. „Kelim" und „Gabbeh" sind die rustikaleren Modelle: die einen gewebt, die anderen geknüpft aus Hanf, Baumwolle oder Wolle.

Abgebildet sind große geometrische Formen oder Tier- und Baumumrisse. „Ziloos" liegen vor allem in Moscheen, Büros und Geschäften. Der Teppich wird aus Baumwolle gefertigt und hat ein durchgängiges geometrisches Muster. Perserteppiche sind nach Erdöl die meistexportierte Ware des Irans, eine Million Menschen arbeiten in dem Sektor.

Das Muster

Wände sind beim persischen Wohnen kein neutraler Hintergrund: Sie sind, wie auch Decken und Fußböden, üppig dekoriert. So wie im „Firouz Sherbat Cafe" in Isfahan. Was früher ein Fast-Food-Restaurant war, ist jetzt dank seines Besitzers Saeb Mosleh ein Kaffeehaus. Die blumengemusterten Fliesen und schweren Holztüren im Laden sind Originalstücke aus der Zeit der Kadscharen, die starke Farben und florale Muster nach Persien brachten.

Sein Essen serviert Mosleh auf mit Rosen bemalten Keramiktellern. Das Rosenmuster stammt zwar ursprünglich aus China, ist aber im Iran sehr populär. Auch im Teheraner Haus des Malers Morteza Darebaghi sind die ursprünglich weißen Fliesen und Teller mit üppigen Dekors versehen worden. Ein gängige Methode für Textilien ist der Holztafeldruck, bei dem Muster mit einer Holzplatte gedruckt werden. Auf Kissen, Vorhänge oder - wie bei der Designerin Shahnaz Nader - auf Tischdecken.

Das Glas

1850 schickte der damalige Premierminister Amir Kabir iranische Handwerker nach Russland, damit sie neue Techniken lernten, unter anderem wie sie Glas verarbeiten können. Seitdem werden im Iran gläserne Öllampen, Kronleuchter oder tulpenförmige Kerzenhalter gefertigt.

Der Schmuck- und Möbeldesigner Amir Hossein Rahimi Yegane setzt Glas neu in Szene: In seinem Haus in Teheran werden bauchige, grüne Glasflaschen zu Lampenschirmen. An den Wänden von Morteza Darebaghi hängen Bilder aus Glas, die er in einem Secondhand-Laden gefunden hat. Künstler bemalen die Glasplatten auf der Rückseite, im Iran meistens mit religiösen Motiven oder Pflanzen und Tieren.

Der Innenhof

In iranischen Häusern wird der Innenhof einem Garten vorgezogen. Die Gebäude orientieren sich nach innen, so sind die Bewohner im Sommer vor dem heißen und trockenen Klima geschützt. Meistens sind die Höfe von massiven Mauern umgeben, die Schatten werfen und außerdem den Wind abhalten. Der Hof ist der Lebensmittelpunkt für Familien oder Gäste, oft gibt es einen Pool, Pflanzen und Sitzmöglichkeiten. Auch in Shahidzadehs „Dibai-House" gibt es neben den Teppichen auf der Dachterrasse einen zweiten, besonderen Innenhof: an den Wänden Spiegel und üppige Muster in Beigetönen, Holzsäulen, und in der Mitte eine abgesenkte, quadratische Fläche mit einem achteckigen Brunnen als Blickfang.

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