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Katharina Cichosch

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Special

Zehn Lieblingsfilme der 70. Berlinale

Familienmafia als dänisches Matriarchat, eine Vater-Tochter-Beziehung, an der ein Android nicht der verstörendste Umstand ist, und die Anmaßungen der ganz normalen modernen Welt: Zehn Lieblingsfilme der diesjährigen Berlinale, quer durch alle Sektionen.

Die dies­jäh­rige 70. Berli­nale fand erst­ma­lig unter neuer Leitung statt. Trotz gerin­ge­ren Anteils an Filme­ma­che­rin­nen waren viele heraus­ra­gende Filme von und über Frauen vertre­ten. Kino­starts sind zur Berli­nale meist noch unbe­kannt, ein Film wird aber schon in weni­gen Tagen in Frank­furt zu sehen sein.

„KØD & BLOD / WILDLAND“ VON JEANETTE NORDAHL

In Jeanette Nordahls Lang­film­de­büt werden die übli­chen Kompo­nen­ten des klas­si­schen Mafia-Genres völlig beiläu­fig umge­krem­pelt: An der Spitze der Fami­li­en­dy­nas­tie steht die schöne Bodil, die Aufmerk­sam­keit und Zärt­lich­keit nach gewünsch­tem Verhal­ten verteilt – auch an ihre längst erwach­se­nen Söhne und Bodils Teen­ager-Nichte Ida, die plötz­lich ihre Mutter verlo­ren hat und fortan bei der Fami­lie ihrer Tante leben soll, muss man sich als Zuschaue­rin in den unge­schrie­be­nen Geset­zen und Struk­tu­ren dieses offen­bar klein­kri­mi­nel­len Sozio­tops mit mittel­stän­di­schem Anstrich zurecht­fin­den.

„Ida liest jede Situa­tion“, erklärte die Schau­spie­le­rin Sandra Guld­berg Kampp ihren Charak­ter, den sie mit gekonn­tem Under­state­ment spielt. Gerade in der zurück­ge­nom­me­nen Darstel­lung Idas entwi­ckelt der Film seinen Sog über einige offen­blei­bende Fragen hinweg. Eine schöne Selbst­ver­ständ­lich­keit zieht sich durch die gesamte Erzäh­lung von Fami­lie, die Zwang wie Frei­heit zugleich bedeu­ten kann, in der man mit Ida zeit­gleich in ein frem­des Univer­sum geschleust wird, das sich liebe­voll bis dysfunk­tio­nal vor vertrau­ter Däne­mark-Urlaub­sidylle entfal­tet.

KØD & BLOD | WILD­LAND © CHRIS­TIAN GEISNÆS
„NEVER RARELY SOMETIMES ALWAYS“ VON ELIZA HITTMAN

Um das körper­li­che Selbst­be­stim­mungs­recht von Frauen scheint es in länd­li­che­ren US-Bundes­staa­ten zuneh­mend fins­ter zu werden: die Zahl der Klini­ken, die Schwan­ger­schafts­ab­brü­che durch­füh­ren, schrumpft in vielen Landes­tei­len. Beispiel Penn­syl­va­nia: hier gab es 1982 noch 114 solcher Klini­ken, im Jahr 2014 sind es ledig­lich noch 20. In „Never Rarely Some­ti­mes Always“ zeigt die ameri­ka­ni­sche Regis­seu­rin Eliza Hitt­man, was dies ganz konkret bedeu­ten kann und schickt die 17-jährige Autumn Calla­han (Sidney Flani­gan) auf eine akku­rat recher­chierte Tour de Force.

So verläuft der Leidens­weg der unge­wollt Schwan­ge­ren von Versu­chen des selbst­in­du­zier­ten Schwan­ger­schafts­ab­bruchs bis hin zur Busreise nach New York City – jenem Ort, wo auch ohne Einstim­mung der Eltern eine Abtrei­bung durch­ge­führt werden kann. Hitt­man erzählt in ihrem drit­ten Spiel­film eindrucks­voll von den Auswir­kun­gen ideo­lo­gi­scher Fremd­be­stim­mung und den Anma­ßun­gen, denen sich gerade jüngere Frauen tagtäg­lich ausge­setzt sehen; aber eben auch von der rühren­den Hilfs­be­reit­schaft medi­zi­ni­schen Fach­per­so­nals, deren Einsatz­be­reit­schaft zuneh­mend bis zum kaum Erträg­li­chen gefor­dert wird. Den Film hält jedoch Sidney Flani­gan zusam­men, eine Musi­ke­rin ohne jegli­che Schau­spie­ler­er­fah­rung. Was sich in ihrem Gesicht in dem dialog­ar­men „Never Rarely Some­ti­mes Always“ abspielt, hätte durch noch so viele eloquente Dialoge kaum darge­stellt werden können.

NEVER RARELY SOME­TI­MES ALWAYS © 2019 COUR­TESY OF FOCUS FEATURES
„SEISHIN 0 / ZERO“ VON KAZUHIRO SODA

In seinem 2008 eben­falls auf der Berli­nale aufge­führ­ten Film „Mental (Seis­hin)“ beglei­tete Kazu­hiro Soda den japa­ni­schen Psych­ia­ter Dr. Masa­tomo Yama­moto bei seiner aufop­fe­rungs­vol­len Arbeit mit seinen Pati­en­ten. In „Seis­hin 0“ nun sucht Soda erneut den mitt­ler­weile 82-jähri­gen Dr. Yama­moto auf, der gerade im Begriff ist, seine Praxis aufzu­lö­sen. Die Kamera beglei­tet den Psych­ia­ter bei letz­ten Gesprä­chen mit seinen Pati­en­ten, und schnell wird die innige Bezie­hung zu diesen deut­lich, die sich zum Teil schon über 20 Jahre erstre­cken. Nach jener Einfüh­rung verschiebt Kazu­hiro Soda jedoch den Fokus zuse­hends auf den Grund für die Pensio­nie­rung des Psych­ia­ters: dessen an Demenz erkrankte Frau Yoshiko.

Augen­schein­lich alleine, ledig­lich mit einer Kamera in der Hand, beglei­tet der Regis­seur das Ehepaar von nun an und doku­men­tiert gedul­dig wie auch scho­nungs­los deren Zusam­men­le­ben: den Doktor, der sein Leben stets dem psychi­schen Wohl­er­ge­hen ande­rer gewid­met hatte, und seine Frau Yoshiko, deren Bewusst­sein offen­bar schon größ­ten­teils entglit­ten scheint. „Seis­hin 0“ ist Doku­ment der nicht immer einfa­chen lang­jäh­ri­gen Bezie­hung und zeit­gleich ein tragi­sches Sitten­ge­mälde unzäh­li­ger Ehen, in denen Frauen komplett hinter den Ehemän­nern zurück­tre­ten, hier final gar nur noch als körper­li­che Hülle zurück­blei­ben. Kazu­hiro Soda schafft mit „Seis­hin O“ einen respekt­voll beob­ach­ten­den, betont entschleu­nig­ten Film, der auch von seinen Zuschau­ern Geduld und die Fähig­keit, ambi­va­lente Zustände auszu­hal­ten, einfor­dert.

SEIS­HIN 0 | ZERO © LABO­RA­TORY X, INC.

FIRST COW

Trailer zu Kelly Reichardts Film

„FIRST COW“ VON KELLY REICHARDT

So wie hier hat man die Fron­tier, die Erobe­rung des ameri­ka­ni­schen Westens, noch nicht gese­hen: Kelly Reichardt beschnei­det das sonst genre-übli­che Breit­bild und lässt damit auch Saloons, Schie­ße­reien und große Pfer­de­tracks außen vor. Was dann noch übrig bleibt, fängt Kame­ra­mann Chris­toph Blau­velt im menschen- statt land­schafts­freund­li­chen 4:3-Format ein. „First Cow“ verfolgt die beiden Trap­per und Aben­teu­rer Cookie und King auf ihrer beschei­de­nen Suche nach Glück, die sich inmit­ten des grünen Dickichts Oregons entfal­tet.

Zwischen Moosen, Farnen und hohen Nadel­bäu­men wird die Erobe­rungs­ge­schichte exem­pla­risch erzählt, so als ob all das just in dieser Minute erst im Wald nebenan statt­fin­den könnte. Als eine stel­len­weise fast schon komö­di­an­ti­sche Western-Bromance, die ohne Klischees auch hinsicht­lich ethni­scher Stereo­type auskommt. Und in der, wie in fast jedem Reichardt-Film, auch das namens­ge­bende Tier eine wich­tige Rolle spie­len wird.

FIRST COW © ALLY­SON RIGGS/A24
„THE WOMAN WHO RAN“ VON HONG SANG-SOO

Der Maes­tro des korea­ni­schen Auto­ren­films belegte bei dieser Berli­nale aber­mals, was ein gutes Dreh­buch so alles vermag (weshalb man viel öfter auch vom Dreh­buch als von der Regie spre­chen sollte – in diesem Falle lag glück­li­cher Weise beides in den Händen des Filme­ma­chers Hong-Sang-soo): „The Woman Who Ran“ kommt mit ultra-redu­zier­ten (sowohl tech­ni­schen als auch finan­zi­el­len) Mitteln aus und gehört trotz­dem mühe­los zu den besten Filmen des dies­jäh­ri­gen Wett­be­werbs.

An weni­gen Spiel­or­ten und in weni­gen stati­schen Einstel­lun­gen entwi­ckelt sich eine Geschichte, in der ausschließ­lich Frauen als handelnde Prot­ago­nis­tin­nen auftau­chen. Im Manö­vrie­ren um korea­ni­sche Höflich­keits­for­men herum und diese manch­mal gar völlig igno­rie­rend werden Spit­zen verteilt („dein Gesicht ist so rot/deine Frisur viel zu jung für dich“) und schein­bare Belang­lo­sig­kei­ten um Essen, Männer, Tiere und Wohn­si­tua­tio­nen ausge­tauscht, die für Sang-soo Programm haben: Ihn inter­es­siere die Ober­flä­che, erklärte der Filme­ma­cher im Pres­se­ge­spräch, der darin alles findet, was er für die zwischen­mensch­li­che Inter­ak­tion benö­tigt.

THE WOMAN WHO RAN © JEON­WONSA FILM CO. PRODUC­TION
„PARIS CALLIGRAMMES“ VON ULRIKE OTTINGER

Ulrike Ottin­ger ist eine, viel­leicht DIE Kory­phäe des deut­schen Art-Kinos, wie es 2009 die New York Times zusam­men­fasste: Als „Ein-Frau-Avant­garde-Oppo­si­tion“ des Neuen Deut­schen Kinos der 1980er Jahre und Kontra­punkt zu den männ­li­chen Melo­dra­men à la Wenders, Fass­bin­der oder Herzog wurde sie dort bezeich­net. Trotz­dem konnte man mühe­los mehrere Jahr­zehnte auch wenig von der Filme­ma­che­rin, die jetzt mit der Berli­nale Kamera ausge­zeich­net wurde, mitbe­kom­men haben.

So, wie man auch in „Paris Calli­gram­mes“, Ottin­gers aktu­el­lem Film-Essay, erst im Laufe der Zeit versteht, mit wem man es hier über­haupt zu tun hat: Mit einer Male­rin, Litho­gra­phin und eben Kunst­fil­me­ma­che­rin, die ihr eige­nes Werk nie zum Selbst­zweck einbringt, sondern immer eng verwo­ben mit den Büchern, Bildern und Werken ihrer Pari­ser Kolle­gin­nen und Kolle­gen erzählt. So entsteht ein auto­bio­gra­fi­scher wie zeit­his­to­ri­scher Rück­blick auf das Paris der 1960er Jahre, formal wohl deut­lich ruhi­ger als Ottin­gers Expe­ri­men­tal­filme, aber nicht ohne den nöti­gen Frei­raum zum Herum­spin­nen – Asso­zia­ti­ons­ket­ten, die sich alle Zeit der Welt nehmen und dabei gerade deshalb niemals lang­wei­lig werden.

Ab 5.3. im Frank­fur­ter Mal Seh’n Kino, mehrere Termine im März

PARIS CALLI­GRAM­MES © ULRIKE OTTIN­GER
„ONE OF THESE DAYS“ VON BASTIAN GÜNTHER

Am Anfang steht ein Werbe­spot: Der orts­an­säs­sige Auto­ver­käu­fer lädt im länd­li­chen Texas über­dreht zum jähr­lich statt­fin­den­den Hands-on-Wett­be­werb seines Auto­hau­ses ein. Der nigel­na­gel­neue Pickup, der Haupt­preis, steht bereits stolz im Hinter­grund. Was genau ein Hands-on-Wett­be­werb ist, erfährt man bald darauf: Insge­samt 18 Teil­neh­mer, alle zuvor ausge­lost, müssen mit mindes­tens einer Hand den Gelän­de­wa­gen berüh­ren. Wer loslässt, fliegt raus. Für jede volle Stunde ist eine Toilet­ten­pause einge­plant, alle zwei Stun­den haben die Teil­neh­mer 15 Minu­ten Verschnauf­pause.

„One of these Days“ bleibt für die Zeit des Wett­be­werbs, der sich über fast drei Tage erstreckt, nah bei seinen Prot­ago­nis­ten und erin­nert immer wieder an Sydney Pollacks 1969er-Meis­ter­werk „They Shoot Horses, Don’t They?“, in dem dieser die in den USA der 1920er Jahre ähnlich anmu­ten­den Tanz­ma­ra­thons thema­ti­sierte. Bastian Günther kreiert um diese an wahre Bege­ben­hei­ten ange­lehnte Geschichte einen einpräg­sa­men Film, der wie eine Groteske beginnt, in seinen huma­nen Charak­ter­zeich­nun­gen aber stets seinen Figu­ren treu bleibt und schließ­lich in einer Tragö­die endet. Am Ende hören wir die Stimme des US-ameri­ka­ni­schen Sängers Bill Calla­han: Riding for the feeling, Riding for the riding, and for the ride.

ONE OF THESE DAYS © MICHAEL KOTSCHI/FLARE FILM
„THE TROUBLE WITH BEING BORN“ VON SANDRA WOLLNER

Sicher­lich einen der schau­rigs­ten Beiträge der dies­jäh­ri­gen Berli­nale stammt von der öster­rei­chi­schen Regis­seu­rin Sandra Woll­ner, die mit „The Trou­ble with Being Born“ ihren zwei­ten Spiel­film präsen­tiert, der gleich­zei­tig ihre Abschluss­ar­beit an der Film­aka­de­mie Ludwigs­burg darstellt. Der Film beginnt an einem beun­ru­hi­gend schö­nen Sommer­tag, aus dem Off sinniert die 10-jährige Elli über die wunder­volle Zeit, die sie an diesem freien Tag mit ihrem Vater verbrin­gen wird. Allein: nichts in Woll­ners Berli­nale-Beitrag ist so wie es zunächst scheint, denn bei Elli handelt es sich um einen huma­no­iden Android.

Ihr Besit­zer Georg, den sie liebe­voll Papa nennt, hat sie so program­miert, dass sie auf ewig seine tatsäch­li­che Toch­ter, die schon lange nicht mehr da ist, performt. Der Abgrund in „The Trou­ble with Being Born“ öffnet sich immer einen Spalt weiter: alsbald wird klar, dass der Android Elli für ihren Besit­zer Georg nachts noch ganz andere Bedürf­nisse erfül­len muss. Meis­ter­lich entspinnt Sandra Woll­ner in beklem­men­den Bildern eine viel­schich­tige, tief- wie auch abgrün­dige Geschichte rund um mensch­li­che Sehn­sucht, Begierde, Iden­ti­tät und Trau­mata. Ein gewag­ter, zum Teil schwer erträg­li­cher Film, der voll­ends dem Konzept der neuen Programm­reihe Encoun­ters gerecht wird: „ästhe­tisch und struk­tu­rell wage­mu­ti­gen Arbei­ten von unab­hän­gi­gen, inno­va­ti­ven Film­schaf­fen­den eine Platt­form bieten“.

THE TROU­BLE WITH BEING BORN © PANAMA FILM
THE TROU­BLE WITH BEING BORN © PANAMA FILM
„WELCOME TO CHECHNYA“ VON DAVID FRANCE UND „SAUDI RUNAWAY“ VON SUSANNE REGINA MEURES

Eigent­lich habe er sich immer sehr wohl­ge­fühlt in Tsche­tsche­nien, erin­nert sich Grischa, die Menschen dort seien ihm beson­ders freund­lich und hilfs­be­reit vorge­kom­men. Dann fand sich der gebür­tige Russe irgend­wann in einem tsche­tsche­ni­schen Folter­ge­fäng­nis wieder. „Welcome To Chech­nya“ ereilt seine Zuschauer immer wieder mit uner­war­te­ter Wucht: Die Doku­men­ta­tion des ameri­ka­ni­schen Repor­ters und Filme­ma­chers David France zeigt die höchst reale Gefahr für Leib und Leben, der seine homo­se­xu­el­len Prot­ago­nis­tin­nen und Prot­ago­nis­ten in der russi­schen Auto­no­mie­re­gion, aber auch in Moskau selbst ausge­lie­fert sind – immer­hin in einem, wie es ein Akti­vist im Film betont, offi­zi­ell säku­la­ren Land mitten im 21. Jahr­hun­dert.

Ein solches gab Saudi-Arabien niemals vor zu sein: Im spek­ta­ku­lär orga­ni­sier­ten Film „Saudi Runa­way“ von Susanne Regina Meures doku­men­tiert die junge Muna via Smart­phone die letz­ten Wochen ihres Alltags in Saudi-Arabien, bevor sie aus den Flit­ter­wo­chen in Abu Dhabi nach Europa flie­hen will. Weil Meures selbst kein Visum für das Land erhielt, suchte sie über geheime Chat­fo­ren, in der sich flucht­wil­lige Frauen austau­schen, nach einer Prot­ago­nis­tin – und fand sie in Muna, mit der sie viele Wochen lang jeden Abend die geheim gedreh­ten Aufnah­men besprach. Dabei griff Meures nicht inhalt­lich, wohl aber gestal­te­risch ein. Schmerz­haft deut­lich wird in Munas Erzäh­lung – mit einem ihrer Einschät­zung nach noch vergleichs­weise bemüh­ten Ehemann und einer vermut­lich noch rela­tiv modera­ten Fami­lie, von der sie im Ernst­fall trotz­dem keiner­lei Soli­da­ri­tät zu erwar­ten hat – aber­mals die Unmög­lich­keit vom rich­ti­gen Leben im falschen.

WELCOME TO CHECH­NYA © PUBLIC SQUARE FILMS

SUSANNE REGINA MEURES, FLIM­PLA­KAT SAUDI RUNA­WAY, IMAGE VIA WWW.​BERLINALE.​DE

Beide Filme bieten keine Sicht von außen auf die Rahmen­be­din­gun­gen, unter denen der ganz reale Horror sich Bahn bricht für ihre Prot­ago­nis­tin­nen und Prot­ago­nis­ten. Die finden unter­schied­li­che Deutun­gen, in welchem Maß die Einzel­nen oder umge­kehrt die sozio­kul­tu­rel­len, reli­giö­sen und poli­ti­schen Struk­tu­ren für ihre unmit­tel­bare lebens­be­droh­li­che Lage verant­wort­lich sind. Doch gerade in diesem Austa­rie­ren, dem manch­mal notwen­di­gen Ratio­na­li­sie­ren oder Verdrän­gen, manch­mal schar­fem Verur­tei­len und Benen­nen liegt die bemer­kens­werte Weit­sicht und Beharr­lich­keit von Muna, Grischa und den ande­ren Heldin­nen dieser beiden Doku­men­ta­tio­nen, die sich ihre uner­träg­li­che Situa­tion nicht ausge­sucht haben. „Welcome To Chech­nya“ erhielt den Publi­kums­preis der dies­jäh­ri­gen Berli­nale-Panorama, „Saudi Runa­way“ folgte auf dem zwei­ten Platz. 

SAUDI RUNA­WAY © CHRIS­TIAN FREI FILM­PRO­DUC­TIONS
…AUSSERDEM

Obwohl er preis­tech­nisch leer ausging, dürfte auch „Berlin Alex­an­der­platz“ von Burhan Qurbani, die Neuin­ter­pre­ta­tion des gleich­na­mi­gen Romans von Alfred Döblin aus dem Jahr 1929, gute Chan­cen auf einen Kino­start in Deutsch­land haben. Auf der Lein­wand oder im Fern­se­hen gezeigt werden sicher­lich auch der in Deutsch­land kopro­du­zierte „Shey­tan vojud nadarad/Es gibt kein Böses“, Gewin­n­er­film des Golde­nen Bären, in dem der derzei­tig in Iran unter Haus­ar­rest stehende Moham­mad Rasou­lof in vier Episo­den die Möglich­keit indi­vi­du­el­ler Verant­wor­tung unter poli­tisch unmög­li­chen Voraus­set­zun­gen verhan­delt.

Neben den wenig über­ra­schend großen Themen Migra­tion und land­schaft­li­che Erosio­nen war auch die Kunst immer wieder Thema dieser Film­fest­spiele. Berli­nale-Dauer­gast und Expe­ri­men­tal­fil­mer James Benning erkun­det in „Maggie’s Farm“ eine gespens­tisch leere Kunst­hoch­schule, Sabine Herpich doku­men­tiert in „Kunst kommt aus dem Schna­bel wie er gewach­sen ist“ die Arbeit von 16 soge­nann­ten Outsider Artists in der Span­dauer Kunst­werk­statt.

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Erstellt am 05.03.2020
Bearbeitet am 05.03.2020

Quelle
https://www.schirn.de/magazin/schir...

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