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Roadtrip im Northern Territory: Das echte Outback

Auf einem Vorsprung sonnt sich ein Felskänguru, getarnt im rotgelben Gestein der Ormiston Gorge. Der Schwanz zwischen den Hinterläufen, die Ohren gespitzt. Erst als eine Kamera klickt, verschwindet es in einer Spalte.

Früh morgens ist es in der Berglandschaft westlich von Alice Springs kühl und friedlich - unterwegs in einer der schönsten Schluchten der West MacDonnell Ranges trifft man um diese Zeit wenig Menschen, dafür Tiere und Vögel. Die Sonne taucht Felsen in Rotorange. Am Ormiston Creek blüht Eukalyptus, Echsen huschen durchs Büffelgras.

Wer in Australiens Outback eine Wüste erwartet, wird in den "West Macs" - wie Einheimische die Gebirgskette nennen - eines Besseren belehrt.

Gut 130 Kilometer westlich von Alice Springs ist die Ormiston Gorge ein erster Höhepunkt auf dem Roadtrip durchs südliche "Red Centre", das heiße Herz des Nordterritoriums. Die Region ist selbst für viele Australier exotisch: Weit, wild und einsam gilt es als das "wahre Outback", das "Never-Never-Land" für Kerle und Krokodile.

Mit 1,3 Millionen Quadratkilometern ist das Nordterritorium fast so groß wie Deutschland, Frankreich und Spanien zusammen. Auf dieser Fläche leben mit 230.000 Einwohnern gerade mal so viele wie in Freiburg. Knapp die Hälfte wohnt in der Hauptstadt Darwin, das macht den Rest der Gegend umso einsamer - und attraktiver für Entdeckungstouren.

Camp unter Sternen und mit Bergblick

Nach der Wanderung bietet sich ein Bad im Billabong an zwischen Sandsteinwänden, Granitblöcken und Büschen in der Ormiston-Schlucht. Die Nachbarschaft ist beeindruckend. Ein langes, trockenes Flussbett führt unter weißstämmigen "Ghost-Gums"-Bäumen zur Redbank Gorge. Über dem Wasserbecken im Inneren der Schlucht schieben sich die Wände so eng zusammen, dass kaum mehr als ein Spalt des Himmels zu sehen ist.

Mit Blick auf den 1379 Meter hohen Mount Sonder campen wir unter dem Kreuz des Südens am Finke River. Aborigines nennen ihn Lhere Pirnte, den salzigen Fluss, dem auch der Larapinta Trail, eine der großen Wanderrouten des Kontinents ihren Namen verdankt. 223 Kilometer weit führt er in zwölf Etappen von Alice Springs bis zur Redbank Gorge.

Wir fahren bei unserem Roadtrip auf dem Red Centre Way weiter. Bald endet der Asphalt des Namatjira Drives. Auf der anschließenden Mereenie Loop Road reduzieren roter Staub, Schotter und weicher Sand das Tempo auf maximal 40 km/h. Die Piste windet sich durch Spinifex, vorbei an Windflüchtern und Salzbüschen, Keilschwanzadler kreisen über einem trockenen Bachbett, die Luft flirrt in der Hitze. Hinterm Gosse Bluff, einem Meteoritenkrater, traben zwei Dutzend Kamele durch den Staub davon.

"So was passiert immer out the back", sagt der Mann, dessen Beine schräg unter einem Transporter hervorlugen, "da, wo Nachbarn eine halbe Tagesreise entfernt wohnen." Wir haben angehalten, um zu sehen, was los ist. Doch der Australier winkt nur mit einer Hand, flucht ein wenig und schraubt mit der anderen Hand weiter an seinem Auspuff. Dann steht er auf, klopft sich den Staub vom Hemd: " Out the back, wo's an schlechten Tagen mehr Fliegen gibt als vorstellbar." Dann grinst er: " How's it going?"


500 Stufen bis zum Rand des Kings Canyons


Out the back - das ist für Australier nicht nur eine Region. Es ist ein Zustand. Im Outback ist der Horizont weiter als anderswo, heben Truck-Fahrer zum Gruß den Finger am Lenker, kleben in Kneipen Fünf-Dollar-Scheine überm Tresen - handsigniert, damit ihre Besitzer im Zweifelsfall beim nächsten Besuch ihr Bier zahlen können.

Wie der australische Fotograf Adam Ferguson das Outback erlebt, lesen und sehen Sie hier:

Die Mereenie Loop Road führt durch Aborigines-Land. Bis am Kings Canyon wieder die befestigte Straße beginnt, begegnet uns niemand mehr. In der Ferne tönt das Jaulen eines Dingos, dem australischen Wildhund. Die Abendsonne malt Rottöne auf Felsen, zum Rand der Königsschlucht führen 500 Stufen, der Ausblick in den Canyon ist jede einzelne wert.

Die folgende Luritja Road endet am Lasseter Highway, dem Abzweig zum Uluru. Kaum einer lässt Australiens legendären Fels aus. Den meistfotografierten Hügel des Kontinents glaubt jeder zu kennen, ohne je dort gewesen zu sein. Als der Monolith in der dunstigen Ebene langsam größer wird, ist der Anblick dennoch trotzdem ein Erlebnis.

Weiter westlich schieben sich die Olgas wie Fingerknöchel aus der Wüste. Weniger berühmt als ihr Nachbar, sind die "vielen Köpfe" geheimnisvoller und stiller. Im Valley of the Winds führt der Wanderweg weit weg von Reisegruppen. Bis heute nutzen die örtlichen Anangu-Aborigines einige nicht zugängliche Plätze in dieser Region für Zeremonien.


https://www.treklarapinta.com.au

https://www.larapintatrail.com.au


Alice Springs Desert Park

alicespringsdesertpark.com.au/


Auf dem Rückweg nach Alice Springs schneidet der Asphaltstreifen die Ebene in symmetrische Teile. Nach dem Trubel im Nationalpark am Uluru sind 240 einsame Kilometer Landstraße erholsam. Hier ist spürbar, dass jeder Nordterritorianer fünf Quadratkilometer für sich allein hat und dass nur ein Prozent aller Australier in dem nördlichen Bundesstaat leben.

Vom Erldunda Roadhouse sind es 200 Kilometer auf dem Stuart Highway. Der ist benannt nach John McDuall Stuart, der 1862 als erster Europäer den Kontinent von Süden nach Norden durchquerte - zu Pferd, zu Fuß, zwölf Monate lang. Wen bei der Reise Fliegen oder Hitze plagen, möge kurz an Stuarts Strapazen denken.

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