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Glasbranche: Maschinenbauer profitieren vom Solar-Boom

DÜSSELDORF. Glasproduktion ist ein heißes Geschäft. Bei Temperaturen von über 1 000 Grad werden Sand, Kalk, Soda und Scherben eingeschmolzen, bevor sie zu Fenstern, Flaschen oder Industrieglas weiter verarbeitet werden.


Immer häufiger landen ultradünne Scheiben in Solaranlagen auf Hausdächern. Denn während das Geschäft mit Verpackungsglas kaum noch wächst, legt das Nischengeschäft mit dem Solarglas zu. Der Anteil am Umsatz der Glasmaschinenbranche ist im Zuge des Solarbooms kontinuierlich gewachsen und liegt bei 10 bis 15 Prozent.


Eine günstige Methode zur Herstellung von Solarglas sind Glaswalzen. Dabei plättet eine große Walze am Ausgang des Hütten-Ofens das flüssige Glas zu einem zähen glänzenden Teppich, der langsam heruntergekühlt wird. Die Walze druckt ein Muster auf die Glasplatten, um das Sonnenlicht aus jedem Winkel besser durchzulassen.


Einer von weltweit vier Herstellern von Glaswalzmaschinen ist das bayerische Unternehmen Fickert und Winterling "Wir können uns vor Aufträgen kaum retten", sagt Geschäftsführer Harald Seeberger am Rande der Fachmesse Glasstec. 2010 hat er bisher 20 Produktionslinien ausgeliefert, 20 weitere sollen bis Jahresende noch folgen. 


Die Kunden kommen zu 80 Prozent aus China, Indien und Südkorea, gleiches gilt für den Umsatz, der aktuell bei 12 Mio. Euro liegt. "In Asien wird unglaublich viel gebaut", sagt Seeberger. "Die Wirtschaftskrise hat für uns gar nicht stattgefunden." Seeberger hat die Zahl seiner Mitarbeiter seit 2006 fast verdoppelt. Der Umsatz verdoppelt sich jährlich. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird häufig staatlich subventioniert und ist deshalb auch in der Krise stabil geblieben.


Asiaten sind Wachstumstreiber

Ganz anders als in der Gesamtbranche. "Die Glasindustrie hat in der Krise einen steilen Absturz erlebt", sagt Bernd-Holger Zippe, Vorsitzender des VDMA-Forums Glastechnik. Mit geschätzten 600 Mio. Euro Umsatz in diesem Jahr ist die Glasmaschinenbranche noch weit von den 850 Mio. Euro des Boomjahres 2008 entfernt. "Die Investitionsgüter erholen sich langsamer von dem Rückgang als die Konsumgüter", sagt Zippe. Er glaubt aber, dass der Umsatz 2011 ein "normales Niveau" von 700 Mio. Euro erreicht.


Zippe ist gleichzeitig Chef des Familienunternehmens Zippe Industrieanlagen, das in der Produktionskette von Glas ganz weit vorn steht. Es ist Weltmarktführer beim Bau von Gemengelagern, in denen die Zutaten für Glas gewogen und gemischt werden. Zippe freut sich ebenfalls über ein wachsendes Solargeschäft, das vor allem von Asien angetrieben wird. Zurzeit baut er seine zweite Anlage für die Solarglasproduktion in China auf.


Jede dritte Glasmaschinenfirma in Deutschland arbeitet mittlerweile an speziellen Geräten für die Herstellung von Solarglas. Es ist in den Solaranlagen für bis zu 15 Prozent der Kosten verantwortlich muss besonders durchlässig sein. Je dünner das Glas, desto weniger Silizium wird für die Solarzelle benötigt. 


Walzmaschinen wie die von Fickert und Winterling erleben durch die Nachfrage nach Solarmodulen eine Renaissance. Bis in die Sechziger-Jahre hinein wurde Flachglas mit Walzen hergestellt. Dann wurde es vom Float-Glas abgelöst. Dabei wird flüssiges Glas auf eine lange Bahn aus flüssigem Zinn gegossen. Das Glas schwimmt auf dem Zinn wie Öl auf Wasser und wird beim Abkühlen zu ultra-dünnen Scheiben. Der Nachteil: Das Verfahren ist sehr energieintensiv und teuer. Die Walzmaschinenhersteller wollen durch ihren Preisvorteil von dem anhaltenden Boom der Solarindustrie profitieren.

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