Apps, digitale Bildarchive, virtuelle Museumsrundgänge und geführte Touren am Handy - die Digitalisierung verändert auch die Bildende Kunst und vor allem das Museum. Die Pinakothek der Moderne in München hat zur neuen großen Paul-Klee-Ausstellung eine App gestaltet. Das Museum will mit #ConstructKlee eine Social-Media-Offensive starten.
Antje Lange und ich stehen in der neuen großen Paul Klee Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München und basteln an unserem ganz eigenen Paul Klee-Bild, natürlich nicht mit Schere und Papier, sondern am Handy.
Werke des Malers in der App verändernAntje Lange ist die Online- und Social-Media-Beauftragte des Museums. Sie zeigt mir, wie die App funktioniert. Erst haben wir ein Foto gemacht, direkt in der Ausstellung, und jetzt verändern wir es mit Filtern und Figuren, die aus den Werken des Malers stammen:
Antje Lange: „Das sind alles Dinge, die direkt aus den Werken kommen, d.h. wir haben geschaut, dass wir Linien und Strukturen aus den Werken herausnehmen können. Die beiden Artificial-Intelligence-Filter zerlegen das Bild und bauen es neu auf, deswegen dauern die ein bisschen länger. Und dann hat man diverse Motive aus den Bildern, z.B. Leitern, Fähnchen, Bäume und die sind auch immer so bezeichnet, wie das Werk heißt."
Eigene Bilder im Klee-StilSpielerisches Lernen im Museum, dazu darf man sich selbst kreativ austoben. Und montieren Bilder in unser Handy-Foto.
Antje Lange: „Es ist auch aufgeteilt nach diesen drei Kapiteln, in die die Ausstellung aufgeteilt ist, d.h. wir haben versucht inhaltlich anzuknüpfen, an die diversen Vermittlungskonzepte. Es ist also nicht nur Spaß, es ist viel Spaß, zu 90 Prozent, aber auch die wichtigen 10 Prozent die an die Vermittlung gehen."
Für ein großes deutsches Museum wie die Pinakothek sind Apps und ein eigener Instagram- und Twitter-Account mittlerweile ein Muss, um junge Besucher zu erreichen, meint Antje Lange: „Wir beobachten, dass die Besucher grundsätzlich mehr vom Rezipienten zum Produzenten werden, d.h. sie nehmen das Smartphone mit in die Ausstellungen, sie fotografieren sehr viel und teilen das mit ihren Freunden."
Inspiriert vom Metropolitan MuseumFast ein halbes Jahr hat die Entwicklung der App gedauert, die Pinakothek hat dafür eine kleine Münchner Firma beauftragt - und einen fünfstelligen Betrag gezahlt. Die Klee-App ist Teil der Social-Media-Marketing-Offensive: Blogger werden engagiert, Instawalks durchgeführt.
Museen in anderen Länder seien aber schon weiter, meint Antje Lange: „Wir sind inspiriert vom Metropolitan Museum, vom MoMa, vom British Museum, die da vorwärts preschen und international zeigen, was die Hausmarke ist. Wir haben eine erstklassige Sammlung, die leider im digitalen Raum oft unsichtbar ist."
Mit verantwortlich dafür ist in erster Linie das restriktive Urheberrecht in Deutschland, das nicht erlaubt (bzw. sehr teuer macht), zeitgenössische Kunst im Netz zu zeigen. Erst 70 Jahre nach dem Tod eines Künstlers erlischt dieses Recht.
25.000 Bilder, die nicht online gezeigt werden dürfenAntje Lange: „Wir haben das Problem, dass wir keine App machen könnten mit Joseph Beuys oder Andy Warhol. Also in unserer Online-Sammlung fehlen derzeit 12.000 Werke, das ist von unseren 25.000 Werken fast die Hälfte, die man unsichtbar lassen muss, d.h. wir sind auf dem Auge der Moderne momentan blind."
Und natürlich finden auch in der Kunstwelt viele solche Online-Innovationen/ Spielerein nicht gut. Kurator Oliver Kase lacht erstmal, als er mein selbst gemachtes Paul-Klee-Bild sieht. Er befürwortet die digitale Offensive der Pinakothek, kennt aber auch Kollegen, die solche Apps kritisch sehen: „Es gibt natürlich Gralshüter, für die ist das ein rotes Tuch, die würden so etwas nicht zu tun. Das hat auch etwas mit der Generation zu tun. Aber wir versuchen eben auch in der Kunstvermittlung neue Wege zu gehen, die App ist von mir bei ihrer Produktion begleitet worden und hat eine Qualität, die nahe an der Ausstellung ist. Es geht ja auch nicht drum, Klees zu produzieren, sondern seine eigene Kreativität in der Bildwelt von Paul Klee zu entfalten."
Die App ist eine nette Spielerei, großen künstlerischen Anspruch hat sie nicht, den Besuch im Museum ersetzt sie auch nicht. Aber vielleicht bringt sie aber ein paar mehr (junge) Menschen dorthin.
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