Aktien sind etwas für jeden. Das sagt die Finanzbloggerin Natascha Wegelin. Sie erklärt jungen Frauen in ihrem Blog "Madame Moneypenny" die Finanzwelt. Warum Sparen und Anlegen sich gerade in der Corona-Krise lohnen kann, verrät sie im Interview.
ntv: Die Börsen spielten durch das Coronavirus zuletzt verrückt. Welche Fragen kommen da gerade aus Ihrer Community?
Natascha Wegelin: Ich merke schon ein bisschen Corona-Angst. Für viele ist das die erste richtige Krise, für mich ja auch. Soll ich jetzt alles in Gold stecken? Soll ich meinen Sparplan stoppen? Soll ich alles verkaufen? Das sind so die typischen Krisenfragen.
Und was antworten Sie? Wie sollte man jetzt in der Corona-Krise mit seinem Geld umgehen?Sparsamkeit empfiehlt sich eigentlich immer. Es gibt aber keinen Grund, jetzt tonnenweise Bargeld abzuheben und Zuhause zu horten. Also Sparsamkeit, langfristig Denken, langfristig Handeln. Gerade ist ein günstiger Zeitpunkt, um in die Börse einzusteigen. Die Aktien sind günstig. Und wenn man gerade etwas Zeit hat, lohnt es sich, sich jetzt mit dem Thema zu beschäftigen.
Wie gehe ich konkret vor? Ich muss ja erstmal wissen, wie viel Geld ich im Monat überhaupt sparen kann.Da gibt es verschiedene Apps, die das übernehmen. Ich mache es persönlich am liebsten mit einer Excel-Tabelle. Da kommen alle Einnahmen und Ausgaben rein. Die Kosten, die nur jährlich kommen, sollte man auf die Monate runterbrechen. Am Ende habe ich eine Spar-Rate, also die Differenz aus Einnahmen und Ausgaben. Bei den meisten ist die nicht besonders groß. Dann kann ich mir überlegen: Muss ich so viel für meinen Coffee-to-go ausgeben? Muss ich wirklich so oft das Auto benutzen? So kann ich am Ende des Monats vielleicht 25, 50 oder 100 Euro sparen.
Wo gebe ich mein Geld dann hin?Erst einmal sollte man Schulden abbauen. Dann einen Notgroschen aufbauen, etwa drei Monatsgehälter, gerade für Phasen wie jetzt. Und wenn ich dann beispielsweise noch 50 Euro im Monat übrig habe, geht es daran, entweder einzelne Aktien auszusuchen oder ETFs - mein Mittel der Wahl. Dann sollte man ein Depot aufbauen. Am besten bei einer Bank, bei der es vergleichsweise günstig ist.
ETFs empfehlen Experten ja immer wieder für Einsteiger. Was ist das eigentlich?Das sind letztendlich Aktienfonds, also eine Mischung von Aktien - zum Beispiel von Lufthansa, BMW oder Zalando. Da sitzt kein Mensch dahinter. Der Vorteil ist letztlich, dass ich mir die Blumen nicht einzeln kaufen muss, sondern ich kaufe mir einen Strauß, indem schon alles drin ist. Ich kaufe einen Teil davon und habe dann beispielsweise schon Aktien der größten deutschen Firmen an der Börse. Und das Schöne ist, das geht schon mit 50 Euro pro Monat.
Wie aufwendig ist es denn, ein Depot anzulegen und es zu pflegen?Das ist nicht großartig komplizierter als ein Girokonto. Das kann man auch alles online mit wenigen Klicks innerhalb von ein paar Minuten eröffnen. Dann kann ich einen Sparplan anlegen. Also 25 Euro in den ETF, 25 Euro in einen anderen, Tan schicken, fertig. Und dann hat man einen Dauerauftrag ausgelöst, dass das Geld immer zu einem bestimmten Tag im Monat abgebucht wird. Und dann läuft das von alleine.
Viele Leute scheuen das Risiko, haben Angst vor fallenden Aktien. Was entgegnen Sie denen?Bei einem Girokonto kann sich mein Geld auch verringern. Beispielsweise durch Negativzinsen oder durch die Inflation. Aktien haben über die letzten Jahrzehnte ungefähr acht bis neun Prozent durchschnittlich Rendite pro Jahr gemacht. Und wenn es mal runter geht, bekomme ich für meine 50 Euro mehr Anteile an den ETFs.
Also ist es am Ende immer der gleiche Weg? Egal ob ich Studentin, Hausfrau oder Topmanagerin bin?Absolut, das ist das Schöne an ETFs. Ich investiere in die komplette Weltwirtschaft. Warum soll das mit 100 Euro mehr Sinn ergeben, als mit 10.000 Euro? Der Betrag ist sekundär.
Sie schauen in Ihrem Blog vor allem auf Frauen. Gilt da was anderes als für Männer?Im Endeffekt nicht. Eine Amazon-Aktie ist nicht pink oder blau. Frauen haben in der Regel einen anderen Lebenslauf. Wir haben vielleicht eine Baby-Pause mit drin, gehen auf Teilzeit, Pflege der Eltern - das sind alles so typisch weibliche Themen. Das heißt, Frauen müssen sich da eigentlich viel intensiver drum kümmern. Altersarmut ist hauptsächlich weiblich, das sagt jede Statistik.
Sie sprechen über Ihre Kanäle vor allem junge Leute und Frauen an. Kommt dieses Thema bei denen an?Die junge Generation konsumiert super viel über Blogs, Youtube, Podcasts. Das ist ein sehr großes Interesse. Die Banken haben so viele Depot-Neukunden wie noch nie. Da wächst auf jeden Fall was. Und das ist auch wichtig, weil wir es sonst nirgendwo lernen. Von daher liegt es in der Eigenverantwortung, sich dieses Wissen anzueignen.
Mit Natascha Wegelin sprach Julian HilgersQuelle: ntv.de
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