Julian Dorn

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Sie können nicht mit ihm - aber können sie auch ohne ihn?

An Donald Trumps Sommerurlaub wird mancher den Wunsch knüpfen, es möge ruhiger zugehen in der Weltpolitik. Doch die Probleme bleiben. Während der amerikanische Präsident im Golfclub von Bedminster, New Jersey, 17 Tage lang sein Handicap verbessert, wird es in Washington weiter gären und brodeln.

Die Republikaner sind enttäuscht, wütend - verzweifelt. Der Ton wird rauer, die Hemmschwelle der parteiinternen Kritik an Trump sinkt. Besonders deutlich wird das in einem Buch des republikanischen Senators Jeff Flake aus Arizona. Das Werk mit dem Titel „Conscience of a Conservative", übersetzt etwa: das Gewissen eines Konservativen, ist eine harsche Kritik an Trump, aber auch eine Abrechnung mit der „Grand Old Party" - mit ihrer Machtgier und ihrer Unterwürfigkeit.

„Wenn das unser Pakt mit dem Teufel war, dann war er es nicht wert"

In einem Auszug, den das Online-Magazin „Politico" vergangene Woche veröffentlicht hat, wirft Flake seiner Partei vor, Trump nahezu hörig zu sein. „Wir haben so getan, als sei der Kaiser nicht nackt", schreibt Flake. „Schlimmer noch: Wir haben unser kritisches Denken an der Tür abgegeben und so getan, als würde der Kaiser irgendeinen Sinn ergeben."

Doch wenn die Partei für Trump ihr Selbstverständnis opfere, nur damit sie den Kongress und das Weiße Haus kontrolliere, dann sei jeder politische Erfolg der Republikaner ein Pỵrrhussieg, schreibt Flake: „Wenn das unser Pakt mit dem Teufel war, dann war er es nicht wert."

Der Senator fordert eine Abkehr von Trumps Rechtspopulismus und eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte der Republikaner. Auch in einem Interview mit dem Fernsehsender PBS kritisierte Flake die Politik des Präsidenten scharf: „Populismus, Protektionismus und Isolationismus - ich glaube nicht, das dies ein Zukunftsprogramm für die Republikanische Partei ist."

Flakes Ausbruch ist symptomatisch für die Gemütslage der Republikaner. Die Erwartung, Trump ließe sich von den Gemäßigten in der Partei schon bändigen oder die Würde des Amtes stimme ihn demütig, wurden bitter enttäuscht. Auch die Demokraten hatten die große Hoffnung, dass das moderate Lager im West Wing, angeführt von Trumps Tochter Ivanka und ihrem Ehemann Jared Kushner, Trump von seinen radikalen Positionen aus dem Wahlkampf abbringen könnte. Spätestens nachdem Ivanka trotz aller Bemühungen daran gescheitert war, ihren Vater von einer Revision des Pariser Klimaschutzabkommens abzubringen, sind diese Hoffnungen nun Skeptizismus gewichen.

Schattenkampagne, Alleingänge - die Republikaner lösen sich von Trump

In ihrer Verzweiflung verzichten die Republikaner nun auf jegliche Zurückhaltung und beginnen, sich von ihrem Präsidenten zu distanzieren. Am Samstag schrieb die „New York Times" von einer Schattenkampagne gegen den Präsidenten. Ranghohe Republikaner würden sich auf eine Kandidatur im Jahr 2020 vorbereiten - ohne Donald Trump. In anonymen Interviews hätten sich 75 Mitglieder aus allen Machtebenen offen über Trumps Regierungsstil beklagt.

Auch seine Gesundheitsreform scheiterte am Widerstand der republikanischen Senatoren - und das, obwohl Trump und sein Team alles daran gesetzt hatten, Abweichler auf Linie zu bringen. Selbst vor Drohungen und kostspieligen Hetzkampagnen gegen Abtrünnige schreckten sie nicht zurück. Dean Heller etwa, republikanischer Senator des Bundesstaats Nevada, wurde Opfer einer von Trumps Anhängern organisierten Hetze auf Twitter, weil er drohte, gegen die Abschaffung von „Obamacare" zu stimmen.

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