Julian Dorn

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Entlassung des FBI-Chefs: Warum Trumps Manöver an Watergate erinnert

James Comey dachte an einen Scherz aus Washington. Arglos weilte der Direktor der amerikanischen Bundespolizei FBI bei einer Veranstaltung im fernen Los Angeles, als hinter ihm auf Monitoren die Eilmeldung erschien: Präsident Donald Trump feuert FBI-Chef. Dann aber dürfte Comey schnell realisiert haben: Er wurde gerade tatsächlich in aller Öffentlichkeit vom amerikanischen Präsidenten geschasst - während Comey vor eigenen Mitarbeitern eine Rede hielt. Kurzfristig sagte er seine übrigen Termine in Kalifornien ab und brach nach Washington auf.

Der politische Donnerschlag, der durch die amerikanische Hauptstadt dröhnt, weckt nun böse Erinnerungen: Beobachter vergleichen Trumps Entscheidung mit dem Watergate-Skandal der Siebzigerjahre.

© AP Abrupter Aufbruch: Fernsehkameras filmen die Wagenkolonne des FBI-Direktors auf dem Weg von Los Angeles zurück nach Washington

Mitten im amerikanischen Wahlkampf, am 17. Juni 1972, ertappte ein Wachmann des Washingtoner „Watergate"-Hotels fünf Männer, die im dortigen Wahlkampfhauptquartier der demokratischen Partei Mikrofone anbringen wollten und Dokumente fotografierten. Die Spur führte bald bis ins Oval Office - zum republikanischen Präsidenten Richard Nixon.

Archibald Cox wurde daraufhin als unabhängiger Sonderermittler mit den Untersuchungen betraut. Hatte Nixon von dem Lauschangriff auf die Opposition gewusst, die Abhöraktion vielleicht sogar in Auftrag gegeben? Um diese Frage zu klären, insistierte Cox auf die Herausgabe von inkriminierenden Telefonmitschnitten aus dem Präsidentenbüro - doch das Weiße Hause weigerte sich, der Forderung des Ermittlers nachzukommen.

Die Entlassung des Sonderermittlers - Nixons schwerster Fehler

Als Cox dem Präsidenten immer näher zu kommen drohte, forderte Nixon am Samstagabend des 20. Oktobers 1973 seinen Justizminister Elliot Richardson auf, Cox zu entlassen. Richardson weigerte sich jedoch und trat stattdessen aus Protest über Nixons Einflussnahme selbst zurück. Erst Robert Bork, höchster Anwalt der Regierung, setzte die Entlassung des Sonderermittlers schließlich durch.

© AP Wurde Nixon zu gefährlich: Archibald Cox am 20. Oktober 1973 bei einer Pressekonferenz

Ein folgenschwerer Fehler, wie sich zeigte: Nixon musste die Mitschnitte schon drei Tage nach dem so genannten „Samstagabend-Massaker" doch herausgeben. Außerdem empfahl der Rechtsausschuss des Repräsentantenhauses dem Kongress ein Amtsenthebungsverfahren gegen Nixon - noch vor der Abstimmung darüber trat er am 9. August 1974 zurück, als bislang einziger amerikanischer Präsident.

Bei dem Watergate-Skandal ging es letztlich also um die Einflussnahme auf die Präsidentschaftswahl, indem sich Nixons Wahlkampfteam illegal Informationen über den politischen Gegner beschaffte.

© dpa Geschasst: Richard Nixon verabschiedet sich nach seinem Rücktritt am neunten August 1974 von seinen Mitarbeitern.

Der geschasste FBI-Direktor James Comey sollte nun ähnliche Vorwürfe gegen das Team von Donald Trump untersuchen: Haben seine Mitarbeiter mit Hilfe Russlands die amerikanische Präsidentschaftswahl beeinflusst und sich so kompromittierende Informationen über die Demokraten beschafft? Doch dann entlässt ihn Trump plötzlich - so wie Nixon damals Cox. Zufall?

Zweifel an offizieller Begründung

Das Präsidialamt begründete seinen Schritt am Dienstag mit Comeys unprofessionellem Vorgehen in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton unmittelbar vor der Präsidentenwahl.

Viele bezweifeln jedoch diese offizielle Begründung - so wie der demokratische Senator Richard Blumenthal. Er sagte der „New York Times": „Was jetzt passiert, erinnert sehr an 1973, an eine der dunkelsten Stunden unseres Landes. Wir sollten alles tun, damit sich das nicht wiederholt." Sein Kollege Bob Casey schlug die gleiche Brücke zur Geschichte: „Nixonhaft" sei das alles, und absolut nicht zu glauben.

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