Die Hyperpolitisierung unserer Lebenswelt sorgt dafür, dass so gut wie alles politisiert wird. Allerdings ohne Veränderungen der Lebenswelt herbeizuführen. In seinem Buch "Hyperpolitik" analysiert Anton Jäger, wie es zu diesem paradoxen Zustand kam. Wie der Zustand überwunden werden kann, bleibt jedoch eine offene Frage, schreibt Julia Werthmann.
Man hat sich bereits an den Rhythmus gewöhnt. Etwas passiert: ein grausamer Fall von Polizeigewalt etwa. In Folge werden soziale Medien mit Solidaritätsbekundungen geflutet, vielleicht schwappt der Protest auf die Straße über. Für einen Moment hat es den Anschein, als würde sich etwas bewegen, Gesetze und Abläufe verändert. Aber zwei Wochen später hat sich die Aufregung gelegt und passiert ist: genau nichts. Alles bleibt beim Gleichen. Nach einer kleinen Verschnaufpause rollt die nächste Welle an. Dieser triste Lauf der Politisierungsgezeiten ist so gewöhnlich, dass man ihn kaum zu erkennen vermag. Occupy Wallstreet, Black Lives Matter und auch der Klimabewegung erging es zuletzt so. Um das Gewöhnliche sichtbar zu machen, hat Anton Jäger dem Phänomen ein Buch gewidmet und es Hyperpolitik getauft. Diese ist „dynamisch und intensiv, sie polarisiert, bleibt inhaltlich aber relativ diffus." Und allem voran, so Jäger: folgenlos.
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