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Hirn verbrannt - DATUM

Im Herbst 2021 trat eine Novelle des Universitätsgesetzes in Kraft. Aus Sicht der Betroffenen hat sie die Situation an den Unis nur verschlimmert. Durch schlechte Arbeitsbedingungen, Hierarchie und Konkurrenzdruck zermürbt Österreich seine Wissenschaftler.



Übervolle Tage, verspannte Körper, zermürbte Geister. Zehn bis dreißig Überstunden pro Woche sind normal, und das für eine vergleichsweise schlechte Bezahlung. Massiver Konkurrenzdruck, kaum Aufstiegsmöglichkeiten, keiner Jobsicherheit, schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Das permanent hohe Stresslevel bezahlen viele Betroffene mit Schlafproblemen, Tinnitus und anderen psychosomatischen Beschwerdebildern. Trotzdem müssen sie ständig mehr und immer noch mehr geben - nicht um erfolgreich zu sein, einfach nur, um nicht rauszufliegen.

Es ist eine Schilderung, die viele Menschen wohl einem Job im Pflegebereich oder der Saisonarbeit zuordnen würden.Die Rede ist aber von etwas vermeintlich ganz anderem, einem viel prestigeträchtigeren Berufsfeld. Es geht hier um Wissenschaft, oder genauer: um die Arbeitsrealität des Mittelbaus im deutschsprachigen Raum. Mittelbau: Das sind Prä-Docs, Post-Docs, Lektoren und Drittmittelangestelle - also all jene wissenschaftlich an der Universität Tätigen, die keine volle Professur innehaben und in aller Regel nur befristet angestellt sind. Wissenschaftler werden gemeinhin nicht mit Prekarität in Verbindung gebracht. Sondern mit einem Zigarre rauchenden Sigmund Freud, der in aller Ruhe, gar ein wenig elitär, an seinem Schreibtisch philosophiert und zuweilen andere an seinen genialen Gedanken teilhaben lässt. Von der Arbeitsrealität an einer österreichischen Uni im Jahr 2022 könnte kaum eine Vorstellung weiter entfernt sein.



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