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Querdenker: Die reaktionäre Multitude?

In einem Meer aus Schildern und Fahnen tanzen Ausgelassene und diskutieren Aufgebrachte. Es ist ein kurioses Aufeinandertreffen, das sich auf der von Spiegel-TV dokumentierten Demonstration beobachten lässt. Ein ehemaliger AfD-Politiker spricht vor der Menge: „Wie in einer guten Armee bleibt jeder an seinem Gefechtsstandort. Dort werden wir weiterkämpfen", schwört er sie in martialischem Ton ein. Ein anderer Teilnehmer ist empört: Als „großer Mann" solle er seine soldatische Rhetorik zurücknehmen, es bedürfe vielmehr eines Sprechens im „Wortlaut der Liebe". Ähnlich klingen zwei weitere Teilnehmer: Mehr Liebe und Nähe statt Distanz! Aber es wird auch ernst: Leise sorgt sich ein bilderbuchgleicher „Dad" mit Karo-Hemd und Sonnencappy um die Job-Situation seines Sohnes.


Diese Szenen einer „Querdenker"-Demonstration aus dem letzten Sommer stehen exemplarisch für eine gleichermaßen kuriose wie gefährliche Bewegung, die auf den ersten Blick so gar nicht zusammenpassen mag. Von Selbstheilungskräfte beschwörenden Esoterikerinnen und friedliebenden Pazifistinnen über rechtsextreme Antisemiten bis hin zu besorgten Bürgerlichen - alle demonstrieren sie bis heute gemeinsam gegen die Corona-Maßnahmen. Denn auch nach eineinhalb Jahren ist die Pandemie noch immer nicht überwunden. Vielmehr rollt gerade die vierte Welle an, während gleichzeitig die Impfgeschwindigkeit stockt. So gerät der Blick wieder verstärkt auf jene, die sich nicht nur weigern, bei der Pandemiebekämpfung mitzumachen, sondern zunehmend auch Ärzte und Politiker bedrohen.


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