Sie geraten ins Zentrum eines Skandals um Offshore-Firmen? Kein Problem. Nehmen Sie sich ein Beispiel am russischen Präsidenten. Der zeigt, wie man souverän auf kritische Nachfragen reagiert.
Der britische Premierminister David Cameron gerät unter Druck und muss sich vor dem Parlament erklären. Der isländische Premierminister Sigmundur David Gunnlaugsson tritt zurück. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko wird von der Presse gegrillt - was die Regierungskrise in seinem Land noch vertieft. Die EU will nach den Enthüllungen der Panama Papers verstärkt gegen Steuerhinterziehung vorgehen.
Es fällt auf, dass sich gerade im demokratischen Teil der Welt Politiker nur äußerst ungeschickt gegen die bösen Vorwürfe wehren, die nun gegen sie erhoben werden. Sie tun sich schwer damit, das volkstümliche Vorurteil zu entkräften, einer „abgehobenen Elite" anzugehören, die sich auf Kosten des Steuerzahlers bereicherte. Dabei könnten sie sich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Scheibe abschneiden. Der zeigt, wie man wirklich gelassen mit so einem kleinen Skandal umgeht. Hier sind fünf Lektionen für westliche Staatschefs mit Offshore-Konto.
Eine wirkungsvolle Kunstpause ist für Staatschefs genauso wichtig wie für Schauspieler. Sagen Sie deshalb erst einmal gar nichts. Demonstrieren Sie so, dass Sie sich von irgendwelchen angeblichen Skandalen aus der Zeitung nicht von den wirklich wichtigen Dingen ablenken lassen. Zeigen Sie dadurch, wie banal und unbedeutend die gegen Sie erhobenen Vorwürfe sind. Bestenfalls lassen Sie Ihren Pressesprecher achselzuckend erklären, die Dokumente beinhalteten nun wirklich nichts Neues, und im Übrigen sei das Ganze eine durchschaubare „Informationsattacke" auf Ihren Staat.
Bei Bedarf könnte Ihr Pressesprecher dann noch eine möglichst vage Vermutung über die Initiatoren der „Informationsattacke" liefern. Etwa „Angriff von Feinden" oder so etwas in der Art. (Die passenden Feinde soll man für so einen Fall immer vorrätig haben.) Das Volk sollte in den ersten Tagen trotzdem möglichst wenig von dem Skandal mitbekommen. Es ist deshalb ratsam, dem hauseigenen Fernsehsender zu signalisieren, möglichst gar nichts darüber zu berichten. Dem russischen Staatsfernsehen gelingt das im Falle der Panama Papers vorbildlich. Wie, das lässt sich in Großbritannien oder in Island nicht einrichten? Unser herzliches Beileid.
Ihr bester Freund hat ein Netzwerk von Offshore-Firmen, über die rund zwei Milliarden Dollar aufgrund von dubiosen Verträgen geflossen sind? So wie Sergej Roldugin, der Cellist aus Putins Umgebung? Zeitungen vermuten, dass Sie selbst davon profitiert haben? Lachen Sie darüber ganz entspannt, wie Putin das am Donnerstag gemacht hat - und liefern Sie eine möglichst unschuldig-idealistische Erklärung für die geschäftlichen Aktivitäten ihres Freundes. „Fast das ganze Geld, das er verdient hat, gab er dafür aus, Musikinstrumente im Ausland zu kaufen und sie nach Russland zu bringen", sagte Putin. „Ich bin stolz, dass ich solche Freunde habe."
Zeigen auch Sie Ihre menschliche Seite, stellen Sie in den Vordergrund, dass Sie ein treuer Freund sind, gerade wenn der Freund zu Unrecht verdächtigt wird. Das bringt Ihnen Pluspunkte. Details spielen dabei keine Rolle - etwa, dass im ganzen Jahr 2015 die Einfuhr aller Musikinstrumente nach Russland lediglich für 50 Millionen Dollar Umsatz sorgte.
Später kann auch der Freund selbst zu Wort kommen. Das russische Staatsfernsehen etwa zeigte am Wochenende Roldugin, das von ihm geführte „Haus der Musik" in Sankt Petersburg und die fraglichen Musikinstrumente. „Ich habe bei allen gebettelt, weil die Instrumente so teuer sind", sagte Roldugin. „Ich wollte lediglich, dass wir die besten Instrumente, die besten Professoren, die besten Säle haben. Nur das Beste für russische Jungs, für Musiker. Das kostet ungeheuerlich viel Geld." Danach hätten „Mäzene" Roldugin einen „kleinen Anteil an einem Geschäft" angeboten, damit er seine Schule finanzieren kann. Das war's. Zusätzlich legen Sie sich eine gute, noble Legende zu: alte Freunde, klassische Musik, Nachwuchsförderung - schließlich sind Sie ein gebildeter Mensch. Und damit garantiert ehrlich.
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