Julia Schweinberger

Journalistin & Filmautorin, München

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Habt Mut zu mehr Schönheit! Kolumne von Anna Achilles

Darf ich vorstellen? Ich bin Anna, und ich finde mich hübsch. Ich mag meine großen, blauen Augen, meine straffen Waden und langen Beine.

Wie finden Sie diese Einleitung? Wirke ich sympathisch? Oder eher oberflächlich und arrogant? Ich vermute letzteres. Unter uns Frauen gibt es so etwas wie eine geheime Abmachung. Wir sprechen nicht über das, was uns an unserem Körper gefällt. Selbstbewusst zu sein, ist verpönt. Stattdessen überbieten wir uns gegenseitig im Problemzonen-Jammern.

Das läuft meistens so ab: Die eine sagt: "Mein Hintern ist so dick." Sagt die andere: "Waaaas? Aber dein Hintern ist doch voll super. Hast du mal meinen gesehen?" Sagt die erste wieder: "Waaaas? Aber deiner ist doch voll okay. Aber mein Hintern..." So geht das ewig. Diese Dauerschleifen-Diskussionen führen zu nichts. Klassische Lose-Lose-Situation: Am Ende fühlen sich alle dick.

Rumheulen kommt gesellschaftlich aber einfach besser an als Rumgepose. Gemeinschaftliches Jammern stärkt zwar nicht das Selbstbewusstsein, aber immerhin das Wir-Gefühl. Man verbündet sich gegen einen gemeinsamen Feind: alle Frauen, die dünner und schöner sind als man selbst. Das sind ziemlich viele: von Sängerin Kiesza mit der hübschen Taille bis zum Mädchen in der Laufgruppe mit der "Thigh Gap", dieser Lücke zwischen den Oberschenkeln, die manche als erstrebenswert erachten. Das Problem: Wer sich vergleicht, hat schon verloren.

Problemzonen machen sympathisch

Im Leben geht es um mehr als um einen flachen Bauch. Nur in den Spiegel müssen wir halt dennoch gucken. Jeden Tag. Aber es ist doch so: Niemand ist perfekt. Niemand findet sich jeden Tag toll, egal wie selbstbewusst man ist. Unsere angeblichen Problemzonen sehen meistens nur wir selbst.

Ich hätte den Text auch so anfangen können: Ich bin Anna. Ich habe dünne Haare, riesengroße Füße und Speckfalten am Bauch. Ich finde mich aber ganz okay. Würden Sie mich sympathischer finden? Wahrscheinlich.

Zu seinen Schwächen stehen, ist gesellschaftlich anerkannt. Schwächen zuzugeben, zeugt von Selbstreflexion, Kritikfähigkeit und Reife. Das mag sicherlich stimmen. Es ist auch löblich, dass wir unsere schlechten Seiten erkennen. Aber wir müssen endlich mal aufhören, nur über die Schwächen zu reden. Was ist mit unseren Stärken? Die kommen viel zu kurz!

Machen Sie mal den Test: Überlegen Sie sich drei Dinge, die Sie gut und drei Dinge, die Sie schlecht an sich finden. Was dauert länger?

Ihnen werden schneller Ihre schlechten Seiten einfallen. Denn Schwächen zuzugeben ist einfacher, als zu seinen Stärken zu stehen. Aber wer sich selbstbewusst gibt und über sich selbst sagt: "Ich bin attraktiv" oder "Ich bin lustig" oder "Ich bin klug", läuft Gefahr, gnadenlos beurteilt zu werden. Wer Stärken zugibt, macht sich angreifbar. Aber das müssen wir aushalten können. Denn nur dann ist unser Selbstbewusstsein auch echtes Selbstvertrauen.

Ohne Wenn und Aber

Als Erstes sollten wir deshalb damit anfangen, uns über Komplimente zu freuen - egal, wie komisch sie klingen. Ein Typ meinte einmal zu mir, dass ich schöne Unterarme hätte. Im ersten Moment hätte ich ihm am liebsten meine Unterarme ins Gesicht gerammt. Ich fand dieses Kompliment total daneben. Was mit seiner Aussage bei mir ankam, war: Dieser Mann findet alles an dir so schlimm, dass ihm nichts Besseres einfällt, als deine Unterarme zu loben. Dabei wollte er eigentlich nur sagen: "Anna, mir gefallen deine Unterarme." Punkt. Die richtige Antwort wäre ganz einfach gewesen: "Danke". Wir müssen aufhören, uns schlecht zu fühlen, wenn uns jemand lobt. Ohne Wenn und Aber.

Sich selbst gut zu finden, hat übrigens noch einen anderen Vorteil: Wer zufrieden ist, wirkt attraktiver. Ausstrahlung, Charme, Haltung - all das spielt in der Wahrnehmung einer Person eine entscheidende Rolle. Wer dauernd jammert, wirkt trotz 90-60-90-Körper nicht anziehend. Ein aufrichtiges Lachen ist viel schöner. Stehen Sie dazu, wie Sie sind. Seien Sie stolz darauf. Darf ich vorstellen? Ich bin Anna, und ich mag mich. Es ist in Ordnung, sich gut zu fühlen.

Jahrgang 1987 und Nichte von Achim Achilles. Für den Wunderläufer stellt sie aber keine Konkurrenz dar: Anna ist notorisch trainingsfaul und mindestens so untalentiert wie ihr Onkel. Ihr Motto: Bewegung soll Spaß machen und muss nicht wehtun. Anna lebt in München und macht zurzeit ein Volontariat beim Bayerischen Rundfunk. Anna auf Facebook
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