Ein ehemaliger Informatikstudent aus Kiel hat vor genau 20 Jahren eine ganze Stadt dem Erdboden gleichgemacht, genauer gesagt, er hat die Stadt Bielefeld einfach verschwinden lassen - und damit die wohl bekannteste Verschwörungstheorie der deutschen Geschichte aufgestellt. In der heißt es, dass die Stadt Bielefeld in Ostwestfalen eigentlich gar nicht existiert. Der Mann, der hinter dieser ganzen Story steckt, ist Achim Held.
PULS: Herzlichen Glückwunsch zum Jahrestag der Bielefeld-Verschwörung! Wie feiert ihr denn heute?Achim Held: Eigentlich wäre es ein Grund zum feiern, denn ich bin immer wieder überrascht, wie lang diese Geschichte am Leben geblieben ist. Aber ich muss gestehen: Ich hatte diesen Termin gar nicht mehr so konkret im Hinterkopf - von daher gibt es keine große Feier.
Entstanden ist die Theorie auf einer Studentenparty - Hand aufs Herz: Wie viel Alkohol war da im Spiel?Gar nicht mal so viel. Was auf dieser Party nur aufkam, war der Spruch "Ich glaube, Bielefeld gibt es gar nicht" - und dann haben wir noch etwas rumgealbert. Die Ausarbeitung der Verschwörungstheorie zog sich dann aber noch ein paar Monate hin, in denen wir immer wieder Sachen gesehen haben, die uns an diesen Spruch erinnerten. Zum Beispiel, dass wegen einer Baustelle an der Autobahn alle Ausfahrten nach Bielefeld gestrichen waren - wo wir gesagt haben, aha, wir haben hier doch etwas entdeckt. Irgendwann im Mai 1994 habe ich mich dann hingesetzt um daraus mal eine Satire auf Verschwörungstheorien zu machen - in dem Moment war ich übrigens vollkommen nüchtern.
Du bist also richtig akademisch an die Sache herangegangen. Wie genau hast du die Teile für deine Theorie gesammelt?Ich hatte unter anderem einen Uni-Kollegen, der sich sehr für Esoterik und Ufos und Verschwörungstheorien interessiert hat. Durch ihn kam ich zu einigen ernstgemeinten Verschwörungstheorien. Dadurch lernte ich den typischen Aufbau einer solchen Theorie kennen, und auch, wer so die üblichen Verdächtigen sind und was in so eine Theorie gehört: Geheimdienste, Außerirdische oder ein Geheimbund müssen auf jeden Fall immer enthalten sein. Dann zählt man Sachen auf, die die Leute tatsächlich in ihrem Alltag wahrnehmen, etwa Autos mit dem Kennzeichen "BI" oder einen Pizzakarton auf dem "Bielefeld" steht - und diese Sachen deutet man dann um und behauptet, das sei kein Beweis für Bielefeld, sondern nur dafür, welchen Einfluss diese geheimnisvollen Hintermänner hätten. Wenn man es dann noch schafft, möglichst vage zu bleiben, hat man schon eine runde Sache.
Vor fünf Jahren wurde die Bielefeld-Theorie sogar verfilmt - hättest du damit gerechnet?Überhaupt nicht. Die Idee war nur, sich ein bisschen lustig zu machen und eine kleine Diskussion anzuregen.
Warst du inzwischen mal in Bielefeld?Ja, weil ich eine kleine Rolle in dieser Verfilmung hatte, da war ich dann zu den Dreharbeiten und zur Premiere dort.
Hattest du da Bammel, dass dich die Bielefelder mit Tomaten bewerfen?Ich hatte im Scherz gesagt, dass ich einen Lynchmob mit Fackeln und Mistforken erwarte - aber im Gegenteil, ich bin sehr freundlich empfangen worden und habe von "Bielefeld Marketing" eine persönliche Stadtführung bekommen.
Und wie ist Bielefeld so?Schön, aber nicht wirklich interessant. Deshalb war Bielefeld ja auch so ein gutes Opfer für diese Verschwörungstheorie: Man hatte von der Stadt gehört, aber es gab dort keine Attraktion, wegen der man sie mal sehen wollen würde.
Das heißt, deine Theorie ist jetzt die Attraktion von Bielefeld?Das ist quasi das Motto des diesjährigen Stadtjubiläums - der Slogan lautet "Das gibt's doch gar nicht". Die Stadt nutzt die Verschwörungstheorie also durchaus für ihr Marketing.