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Verfassungsschutz warnt vor mehr Gewalt bei Corona-Demos

Mehrere Verfassungsschutzämter befürchten eine weitere Radikalisierung der Anti-Corona-Proteste, bis hin zu Gewalt. Besonders deutlich werden ostdeutsche Länder.


Ein Fackel-Aufmarsch vor dem Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin, mutmaßliche Mordpläne gegen den Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, Angriffe auf Pressevertreter und Polizisten bei Demos - die Themen Impfen und die Corona-Maßnahmen polarisieren Teile der Gesellschaft.

ZDFheute hat die Verfassungsschutzämter angefragt, ob sie in Bezug auf den Corona-Protest eine Radikalisierung beobachten. Dabei geht es nicht um friedlichen Protest, sondern um ausdrücklichen Widerstand gegen die Demokratie und den Rechtsstaat.

Besonders deutlich warnen ostdeutsche Bundesländer. Der sächsische Verfassungsschutzpräsident schreibt etwa:

In einigen sächsischen Orten fänden fast täglich " Spaziergänge" statt, auf denen auch Extremisten auftreten würden. Besonders die rechtsextremistische Gruppe "Freie Sachsen" mobilisiere und stehe "für die zunehmende Gewaltbereitschaft der Proteste in Sachsen".

Auch in Thüringen ist der Verfassungsschutz alarmiert:

Der Brandenburger Verfassungsschutz verweist auf die AfD als einen Haupt-Mobilisator von Anti-Corona-Demos und Mahnwachen:

Der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern verweist auf den mutmaßlichen Mord in einer Tankstelle in Idar-Oberstein. Dort hatte ein Mann einem Studenten in den Kopf geschossen, nachdem dieser ihn gebeten hatte, die Maske zu tragen. Der Verfassungsschutz schließt weitere Gewalt nicht aus:

Auch Nordrhein-Westfalen beschreibt einen "radikalisierten Kern", dem man weitere Gewalt zutraut:

Die meisten Landesämter berichten von Rechtsextremisten und Reichsbürgern, die die Corona-Pandemie und das Protestgeschehen instrumentalisieren. Bei einer Demo Anfang Dezember in Frankfurt etwa trugen Mitglieder der rechtsextremistischen Partei "Der Dritte Weg" Plakate mit der Aufschrit: "Das System ist gefährlicher als Corona!".

Politiker im Visier von Impfgegnern

Adress-Listen von Politikern auf Telegram

Besonders in Sachsen konzentriert sich der Protest auf einige prominente Politiker*innen. Wie frontal zeigt, haben sich Menschen erst über den Messenger Telegram vernetzt und dann in Dresden getroffen und über Mordpläne gegen Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer diskutiert. Einer von ihnen soll sich eine Armbrust zugelegt haben. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln.

Über Telegram werden auch immer wieder Adress-Listen von Politiker*innen ausgetauscht. Oft handelt es sich um ohnehin öffentlich zugängliche Dokumente - wie etwa eine Liste aller Bundestagsabgeordneten samt ihrer beruflichen Mail-Adressen und Telefonnummern. Auch eine Liste mit dem Abstimmungsverhalten aller MdBs beim Infektionsschutzgesetz kursiert. Eine Nutzerin hat dem Dokument den Titel "Todesliste" gegeben.

Nutzer sucht nach Schulleiter: "Wissen, wann er das Haus verlässt"

In einem öffentlichen Corona-kritischen Telegram-Kanal mit fast 50.000 Abonnenten wird zudem nach "Privatadressen verantwortlicher Bürgermeister, Politiker, Funktionäre und anderer bekannter Menschen" gesucht. Es wird dazu aufgerufen, deren Daten zu sammeln - bislang mit mäßigem Erfolg. Eine angebliche Privat-Adresse von Jens Spahn ist nachweislich nicht korrekt und die Adresse des Wahlkreisbüros eines CDU-Abgeordneten ist ohnehin öffentlich.

Allerdings wirken solche Zusammenstellungen für Betroffene oft bedrohlich. So schreibt ein Nutzer über einen Schulleiter: "Seit Wochen möchte ich die Adresse eines Schulleiters herausfinden. Welches Auto er fährt. Wann er die Schule verlässt. Wann er zu später Stunde alleine das Haus verlässt."



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