Julia Becker

Freie Journalistin und Texterin, Südbaden

1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Impfen bei der Arbeit: Einblick in den ersten Betrieb am Hochrhein, in dem Mitarbeiter gegen Corona geimpft werden

Bei Endress + Hauser in Maulburg werden seit einigen Tagen die Mitarbeiter geimpft. Die Aufnahme zeigt das obligatorische Vorgespräch: Betriebsarzt Andreas Landerer bespricht mit einem Mitarbeiter die Impfung. | Bild: Endress+Hauser, Christoph Fein

Den Pieks gegen Corona kann man sich hier seit vergangenem Donnerstag direkt bei der Arbeit abholen: Der Maulburger Standort des Messtechnikherstellers Endress+Hauser wurde hierfür zusammen mit dem Hersteller medizinischer Verpackungen August Faller als Pilotbetrieb im IHK Bereich Hochrhein-Bodensee ausgewählt. Da aber nicht genug Impfstoff zur Verfügung steht, kommen aktuell nur ein Teil der Mitarbeitenden der beiden Betriebe in den Genuss der Schutzimpfung, wie die Verantwortlichen im Rahmen eines Pressegesprächs informierten. Trotzdem war die Freude in beiden Unternehmen groß: „Wir bekommen viele positive Rückmeldungen und Dank von unseren Mitarbeitenden“, so Volker Frey, Strategieexperte bei Endress+Hauser.


Wie lief der Impfstart im Betrieb?
Über 400 der gut 1200 Impfdosen konnten bereits verimpft werden. Allein die Pfingstferien sorgten für eine gewisse Verzögerung beim betrieblichen Immunisierungsfortschrift, so Frey. Dafür war das Lob für alle Beteiligten umso größer: Die Zusammenarbeit mit dem Malteser Hilfsdienst funktioniere exzellent, auch die Unterstützung von Sozialministerium und IHK sei sehr gut, so die einhellige Meinung. 


„Als große Firma wollen wir Verantwortung übernehmen und einen Beitrag leisten“, so Peter Selders, Geschäftsführer des Maulburg Standorts. Das Endress+Hauser die verbleibenden Kosten von rund 25 Euro pro Impfung übernehme, sei da selbstverständlich.


1. Warum wird bei Endress+Hauser geimpft?

Die betrieblichen Impfungen sollen als dritte Säule neben Impfzentren und Hausärzten für eine zügige Immunisierung der Bevölkerung sorgen. Ursprünglich sollte nur in einem der zwölf IHK-Bereiche in Baden-Württemberg im Rahmen des Modellprojekt „Impfen durch Betriebsärzte“ geimpft werden. „Besonders unsere Stuttgarter Kollegen haben sich sehr penetrant dafür eingesetzt, dass in jeder Region ein Modellbetrieb ausgewählt wird“, erklärt Alexander Graf, Geschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee.


Ob ein Betrieb hierfür ausgewählt wurde, hing auch mit dessen Größe zusammen: „Unter 1000 Mitarbeitern macht es keinen Sinn“, erklärt Wilfried Köning, Personalchef bei Endress+Hauser . Auch die Standorte Schopfheim und Binzen der Firma August Faller hatten sich für eine Bewerbung interessiert und sich aus diesem Grund mit Endress+Hauser zusammengeschlossen.


2. Wer wird bei Endress+Hauser geimpft?

Alle zwölf Pilotbetriebe in Baden-Württemberg dürfen ohne Priorisierung alle Mitarbeitenden ab 18 Jahren impfen. Das große Ziel waren 5000 Impfungen, auch für Angehörige der Mitarbeitenden sowie für weitere Betriebe im Umfeld, so Frey. Damit habe man sich auch beim Ministerium beworben und die Zusage erhalten.


Da es aber nicht genug Impfstoff gibt, erhalten aktuell nur Mitarbeitende von Endress+Hauser sowie von Faller die Erstimpfung. Dafür erhielt Endress+Hauser 1200 Impfdosen aus dem Kontingent des Lörracher Impfzentrums. Wann Nachschub für die Zweitimpfung komme sei noch nicht klar. „Wir rechnen vom 24. Juni bis spätestens 6. Juli mit der zweiten Lieferung“, so Frey. Das Impfzentrum im Betrieb könne dafür innerhalb weniger Stunden wieder aufgebaut werden. „Wir möchten gerne die Arztpraxen entlasten, sowie mehr Impfstoff kommt sind wir bereit,“ so Köning.


3. Kann ein Unternehmen genauso gut impfen wie ein Impfzentrum oder ein Hausarzt?

Die Impfungen bei Endress+Hauser werden durch den Betriebsarzt Andreas Landerer sowie durch Honorarärzte durchgeführt. „Die Verantwortung für den Impfprozess liegt beim Arzt“, so Frey. Bei den Honorarärzten handele es sich um pensionierte Ärzte, die eigens für die Impfung angeworben wurden.


Um einen sicheren Ablauf zu gewährleisteten arbeitet das Unternehmen mit dem Malteser Hilfsdienst zusammen. Hier konnte man bereits auf die gute Zusammenarbeit beim hauseigenen Schnelltestzentrum zurückgreifen. Bei einem Besuch im Impfzentrum Offenbach habe man sich zudem viele Informationen mitnehmen können, so Frey: „Wir schaffen locker 200 Impfungen am Tag.“


4. Wie läuft die Impfung bei Endress+Hauser ab?

Der Ablauf sei wie in den Impfzentren selbst, so Selders. Die Mitarbeitenden vereinbaren über eine vom Unternehmen aufgesetzte Software einen Termin während der Arbeitszeit. Am Empfang wird durch zwei Mitarbeiterinnen Fieber gemessen und die persönlichen Daten erfasst. Dann führt der Betriebsarzt Andreas Landerer oder einer der Honorarärzte das Vorgespräch durch. Im nächsten Schritt geht es in eine der vier Impfkabinen.


Der Impfstoff wird in den hauseigenen Industriekühlschränken aufbewahrt und in einem eigens dafür eingerichteten Raum vorbereitet. „Wir arbeiten von der Abholung in Freiburg an mit dem Vier-Augen-Prinzip“, erklärt Frey. Die geschulten Helfer vom Malteser Hilfsdienst bereiten den erschütterungsempfindlichen mRNA-Impfstoff von Moderna auf und bringen ihn zu den Impflingen. „Bislang ist uns nur eine Spritze verloren gegangen“, freut sich Frey. Nach der Impfung halten sich die Mitarbeitenden dann noch 20 Minuten im Warteraum auf, dann ist die Erstimpfung abgeschlossen.


Zum Original